KOMMENTAR

Verkehrswende – Wo?

/ / Bild: M94.5/Sebastian Bergsteiner

Die Münchner Verkehrsgesellschaft will bei der Verkehrswende sparen. 2,7 Milliarden Euro weniger soll für die Projekte der U-Bahn, Bus und Tram zur Verfügung stehen. Das Geld benötigen wir aber, um in einem wachsenden München zukünftig mobil sein zu können. Ein Kommentar von Maximilian Sacher.

Na, wann kommt sie denn? Ich stehe jetzt schon seit Ewigkeiten am U-Bahnsteig am Sendlinger Tor. Ich warte und warte. Ungeduldig und erschöpft. Überall Baustellen, Baustellen, Baustellen. Seit Jahren wird hier gewerkelt – und ich warte trotzdem. Nicht auf die U-Bahn zur Uni, die etwas verspätet ist. Ein Wagenausfall. Nein, ich warte auf die Verkehrswende, im Großen angekündigt in der Bundespolitik, im Kleineren für meine öffentliche Fortbewegung in München. Auch seit Jahren. Und viele Jahre werden wohl noch folgen. Denn München wächst weiter und das Netz der MVG kann da scheinbar nicht Schritt halten. 

Kein Geld bei der MVG

Denn die Münchner Verkehrsgesellschaft will einsparen. Einsparen bei einem Thema, das uns allen helfen kann. Den Münchner:innen, den Reisenden, den Berufstätigen und ja, sogar dem Klima. Bisher sollten in München 11,2 Milliarden Euro bis 2035 in die Verkehrswende investiert werden. Jetzt also nur noch 8,5 Milliarden. Ein Wegfall von 2,7 Milliarden Euro also. Das ist der Betrag, den die MVG nicht aufbringen kann. Grund hierfür ist unter anderem die Inflation, die die Baukosten bei vielen Projekten in die Höhe schießen lässt. 2,7 Milliarden. Das ist sehr viel Geld. Sehr viel Geld, das nicht zur Verfügung steht, damit wir möglichst schnell mit verlässlicheren öffentlichen Verkehrsmitteln durch die teuerste Stadt Deutschlands fahren können. Und das steht symptomatisch für eine verfehlte Verkehrspolitik. 

Woran liegt’s?

Die MVG alleine hat tatsächlich nicht die finanziellen Kapazitäten, um U-Bahn, Bus und Tram für München alleine auszubauen. Auch, weil die MVG jährlich mit einem Minus von 140 Millionen Euro ihrer Betriebskosten zu kämpfen hat. Hinzu kommt noch der Mangel an Personal. Es gibt zwar Ideen, die Abhilfe schaffen sollen: Beispielsweise sollen unter anderem Studierende als Minijob-Tramfahrer:innen angeworben werden. Das reicht aber nicht. Es geht am Schluss eben, wie meistens, ums Geld. Und mal wieder Geld, das der Bund und die bayerische Politik für die Verkehrswende nicht locker machen wollen. Und selbst bei ausreichender Finanzierung besteht die Gefahr, dass die Projekte der MVG dann eher in Planungsbüros stehen bleiben und eventuell nie auf die Schiene kommen. 

Verkehrsprojekte – Lange Warten ohne Ende?

Schon jetzt haben sich Neubauprojekte, wie die Verlängerung der U5 nach Freiham, wegen zu langen Aussitzens und Abwartens der Politik verzögert. Die Straßenbahn-Nordtangente von Schwabing durch den Englischen Garten ins Lehel steht in München schon seit weit über 110 Jahren in den Startlöchern. Sie kommt nicht ins Rollen. Hier blockiert der Freistaat Bayern. Ihm gehört der Abschnitt durch den Englischen Garten. Und wenn Bayern die Münchner Verkehrswende nicht blockiert, dann ist es die Deutsche Bahn. Die und der Freistaat haben ja mit der zweiten Stammstrecke schon ein Desaster verursacht. Jetzt ist aber auch die Eröffnung der Tramwesttangente durch Unterführungsarbeiten der DB verzögert worden. Und wir? Wir warten weiter. 

Andere Projekte der MVG werden sich durch die Einsparungen wohl weiter verzögern oder eventuell gar nicht gebaut. Wenigstens wird Mitte 2024 die Modernisierung am Sendlinger Tor fertig sein. Da können wir dann immerhin in einer modernen Station auf die Verkehrswende warten.