Kommentar

Verantwortung tragen als Entertainer:in – Muss das sein?

/ / Bild: M94.5 / Vroni Kallinger

Joko und Klaas zeigten Anfang April wie es geht. Auf einen Notstand aufmerksam machen – als Entertainer. In der #nichtSelbtsverständlich Doku zeigen sie ungeschönt und ohne Werbeunterbrechungen die komplette siebenstündige Arbeitsschicht einer Pflegekraft. Was „seriöse“ Medien bisher nicht in dem Ausmaß hinbekommen haben, schaffen Joko und Klaas mit nur einer Aktion. Obwohl es schon viele gut produzierte und aufwendig recherchierte Reportagen und Dokus zum Thema Pflege gibt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die ersten 30 Minuten der #NichtSelbstverständlich Doku findet man auf YouTube. Die kompletten sieben Stunden auf Pro7.de und beim Streaminganbieter joyn.

Ist da nicht die Aufgabenverteilung etwas durcheinandergekommen?

Jede:r darf seine/ihre Plattform so nutzen wie er/sie will und wenn Deutsche TV Moderator:innen auf soziale Missstände hinweisen ist das richtig und wichtig. Der Pflegenotstand geht seit Jahren in der Gesellschaft unter und jetzt wird endlich laut darüber diskutiert.

Aber warum haben es die etablierten Medien so lange nicht hingekriegt ein so großes Medienecho auszulösen? Zugegeben, die Aktion ist schon eine Weile her und wie es in der Medienwelt üblich ist, ist der Hype um die Doku mittlerweile abgeebbt.

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Innerhalb der Medienwelt löste das Projekt von Joko und Klaas ebenfalls große Bewunderung hervor

Und warum hat es erst zwei Moderatoren gebraucht, die vor ein paar Jahren mit eingegipsten Körpern Twister gespielt haben um überhaupt auf das Thema aufmerksam zu machen? Und müssen wir uns jetzt auf Joko und Klaas und Kolleg:innen verlassen, wenn es um darum geht auf soziale Missstände aufmerksam zu machen?

Es sollte nicht die Aufgabe von Comedians und Entertainer:innen sein, soziale Probleme aufzudecken. Wenn sie es machen, ist es ein wichtiger Beitrag und auch super cool, aber wenn große gesellschaftliche Debatten nur angestoßen werden, wenn Joko und Klaas oder Jan Böhmermann einen Fernsehbeitrag produzieren, dann müssen wir uns fragen ob uns diese Themen nur wichtig sind, wenn sie uns zur Prime Time präsentiert werden.

Brauchen wir Comedians zum Einordnen von Problemen?

Wo war der Aufschrei, bei den zahlreichen anderen Dokus und Reportagen zum Pflegenotstand? Warum sind wir erst jetzt kollektiv aufgebracht gewesen? Und wie war das nochmal bei der Böhmermann Affäre? Hätten wir nicht vorher wissen müssen, dass der türkische Präsident ein Problem mit Kunst- und Pressefreiheit hat?

Und warum muss Enissa Amani auf eigene Kosten eine Podiumsdiskussion über Rassismus organisieren? Eine sinnvolle. So mit Betroffenen und Expert:innen. Nicht mit Janine Kunze und Jürgen Milski. Innerhalb weniger Tage hat sie eine Expert:innenrunde zusammengestellt und einen Bildungsauftrag erfüllt, den sie eigentlich gar nicht hat.

Natürlich liegt all das auch an der Reichweite, die diese Promis haben. Und natürlich können wir nicht alle in einem konstanten Zustand der Aufregung sein, aber wir können die Verantwortung auch nicht auf Unterhalter:innen abwälzen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

“Die Beste Instanz” von Enissa Amani entstand als Reaktion auf eine Ausgabe der WDR Sendung “Die letzte Instanz”

Unser aller Verantwortung

Wir haben alle als Mitglieder dieser Gesellschaft eine gewisse Grundverantwortung zu tragen. Diese Verantwortung beinhaltet auch sich ein Bewusstsein darüber zu verschaffen, welche Probleme unsere Mitmenschen so haben und ihnen unsere Aufmerksamkeit zu schenken.

Auf der einen Seite ist es natürlich erfreulich, wenn Menschen mit einer solchen Reichweite, wie Joko und Klaas, auf Probleme aufmerksam machen. Auf der anderen Seite ist es fraglich ob das überhaupt deren Verantwortung ist.

Am Ende des Tages, können wir uns glücklich schätzen, dass es in Deutschland Medienmachende gibt, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen und Debatten anzustoßen – gleichzeitig sollten wir uns auch außerhalb der besten Sendezeiten und der großen Hashtags für gesellschaftliche Themen interessieren. Vor allem wenn Betroffene ständig versuchen auf diese Probleme aufmerksam zu machen, aber von uns nicht die nötige Beachtung bekommen.