M94.5 Filmkritik

Roads

/ / Quelle: Studiocanal

Mit seinem Film Viktoria sorgte Sebastian Schipper 2015 für Aufsehen und Lob von allen Seiten. Zurecht, denn die Geschichte um eine Gruppe Jugendlicher in Berlin ist nicht nur unkonventionell und raffiniert erzählt, sie hat auch eine technische Besonderheit: Der knapp zweieinhalbstündige Film ist in nur einem einzigen Cut gedreht. Ganz so spektakulär kommt sein neuestes Projekt “Roads” nicht in die Kinos gefahren. Unterschätzen sollte man ihn trotzdem nicht.

Eine sternenklare Nacht am Rande einer Stadt in Marokko. Der 18-jährige Gyllan aus London entflieht dem Familienurlaub, sehnt sich nach Einsamkeit, Abstand. In einer ungestüm rebellischen Nacht-und-Nebel Aktion kommt er mit dem geklauten Wohnmobil seines Stiefvaters gerade mal bis zum nächsten Hügel. Hier trifft er auf sein Gegenstück: William ist aus dem Kongo geflohen und auf der Suche nach seinem Bruder.

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Hindernisse, Eskapaden und eine langsam aufblühende Freundschaft: Es entsteht ein klassisches Road Movie. Zwei verlorene Seelen zwischen den Orten – Der eine sucht die Einsamkeit, der andere will ihr entfliehen. Dieser Weg, vorbei an spontanen Ideen, Drogen und charmanten Umwegen scheint wie ein Traum. Sehr spät fängt die Reise der beiden dann an, auf die Realität zu treffen. Denn, in Frankreich wartet nicht nur Dyllans mahnender Vater, sondern auch Grenzen, Rassismus und die harte Realität der Flüchtlingscamps.

Dyllans Sinnsuche und die Trauer um seinen verstorbenen Bruder läuft dabei Hand in Hand mit dem schweren Schicksal des geflüchteten William. Calais, der französische Ort in dem dieser Teil von Roads gedreht wurde, ist auch außerhalb des Films einer der französischen Brennpunkte der Flüchtlingskrise.

Schipper hadert spürbar mit der sensiblen Thematik. Die leisen aber sehr feinfühlig erzählten Momente und Dialoge wollen nichts beschönigen, nichts auf die leichte Schulter nehmen. Das klappt sehr gut. Am Ende bleibt ein klarer Blick auf die Freundschaft zweier junger Männer, auf die Wege die sie verbinden, die Straßen die sie kreuzen. Man kann Leid eben nicht gegeinander aufwägen und so schafft es Sebastian Schipper eine subtile Geschichte zu erzählen, die sehr viel richtig macht und leise berührt.

“Roads” läuft ab dem 30.05.2019 in den deutschen Kinos.