Kommentar

Pseudoskandal in der ARD

/ / Bild: Shutterstock/Cineberg

57,1 Prozent für die Grünen, 23,4 % für die Linken und nur 3,0 Prozent für die Union. Was aussieht wie eine Umfrage bei Fridays for Future, ist das Ergebnis einer Sonntagsfrage bei Volontär:innen der ARD. Das zeigt doch, wie unparteiisch die Öffentlich-Rechtlichen sind, oder? Ein Kommentar von Kevin Golde.

Bild: Kevin Golde/M94.5

Klar sieht das Umfrageergebnis auf dem ersten Blick sehr unausgewogen aus. Und klar löst das vor allem bei denen Kritik aus, die in dieses politische Raster nicht fallen. So schreiben die Jungen Frankfurter Liberalen, dass sie besorgt seien, „wenn der Nachwuchs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr die Pluralität unserer liberalen Gesellschaft repräsentiert“ und finden, dass vor allem die Journalist:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „auf jegliche Subjektivität in der Berichterstattung verzichten müssten“.

Und auch die AfD stößt sich an den Ergebnissen der Umfrage:

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77 von 20.000

Die Aussagekraft der Umfrage ist allerdings begrenzt: Nur 77 Volontär:innen haben die Sonntagsfrage beantwortet. Dadurch auf die politische Einstellung der gesamten ARD mit ihren über 20.000 Mitarbeiter:innen zu schließen und ihr darauf basierend vorzuwerfen, nicht neutral zu sein, ist durchaus fragwürdig.

Nicht nur, weil lediglich eine ganz bestimmte Gruppe in der ARD befragt wurde, bei der man aufgrund der Altersstruktur auch davon ausgehen kann, dass sie insgesamt grüner denkt als die restliche Arbeitsgemeinschaft. Es ist auch möglich, dass durch die Volontär:innen, die bei der Umfrage geschwiegen haben, die Grünen die absolute Mehrheit bei einer tatsächlichen Wahl unter ihnen deutlich verfehlen.

Schließlich sieht man am US-Bundesstaat Florida, das bei den vergangenen US-Wahlen eher unerwartet an die Republikaner gegangen ist, einmal mehr, dass solche Umfragen gerade durch Personen, die keine Angaben machen, verfälscht werden können.

Verpflichtung zur Neutralität

Aber gut: Die Volontär:innen der ARD sind also mehrheitlich Wähler:innen der Grünen, halten wir das mal so fest. Doch was hat diese Umfrage, auch wenn sie durchaus stark von den Umfragewerten der Gesamtbevölkerung abweicht, mit einer fehlenden Neutralität in der Berichterstattung der ARD zu tun?

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.

§11 Satz 2 Rundfunkstaatsvertrag

Immerhin haben sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu einer unparteilichen Berichterstattung verpflichtet – vollkommen unabhängig davon, welche politische Richtung man dort als Privatperson verfolgt. Dass sie sich daran halten, wird regelmäßig durch ausgewogen besetzte Rundfunkrät:innen geprüft. Bestätigt wird das auch durch eine Studie der DIW Berlin, die den Anstalten „eine weitgehend neutrale und ausgeglichene Berichterstattung“ attestiert.

Transparenz als oberstes Gebot

Klar kann man diskutieren, ob Journalist:innen überhaupt neutral berichten können, immerhin sind auch sie nur Menschen, die nach ihrem subjektiven Empfinden entscheiden. Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Cornelia Mothes meint deswegen im Gespräch mit dem MDR, dass für einen objektiven Journalismus nicht nur die Berichterstattung selbst ausgewogen sein sollte. Das Schlagwort lautet Transparenz. Die Gesamtheit der Journalist:innen sollte offen mit ihrer politischen Einstellung umgehen – so, wie die Volontär:innen der ARD.