Nationalitäten in der Berichterstattung

Das war auf jeden Fall ein Ausländer!

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Bei der Amokfahrt am 7. April 2018 in Münster raste ein Mann mit einem Kleinbus in eine Gruppe von Menschen. Noch bevor die Identität des Täters bekannt war, hetzte Beatrix von Storch bei Twitter gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Selbst als klar war, dass es sich um einen Deutschen handelte, hörte die AfD-Politikerin nicht auf. Um solche Fälle von diskriminierender Verallgemeinerung zu verhindern, soll die Polizeiarbeit in Nordrhein-Westfalen jetzt transparenter werden. Zukünftig gibt diese in ihren Berichten immer die Nationalitäten der Tatverdächtigen an, einschließlich der deutschen versteht sich.

NRW-Innenminister Herbert Reul erklärte, dass der Beschluss dabei helfen soll “politische Bauernfängerei” zu umgehen. Doch es gibt auch Widerstand gegen die Reformpläne: So könnten etwa die Persönlichkeitsrechte sowohl von Verdächtigen als auch von Opfern angegriffen werden. Zudem könnte es gerade durch die Nennung zu diskriminierenden Verallgemeinerungen kommen. Außerdem stellt sich die Frage, ob die Nationalität für jeden einzelnen Fall wirklich relevant ist.

„Wenn man immer die Staatsangehörigkeiten nennt, dann ist das immer zu pauschal.“

Sven Müller, Pressesprecher der Münchner Polizei

Außerdem gäbe es viele Kriminalfälle, in denen die Staatsangehörigkeit vollkommen irrelevant sei. Zum Beispiel bei Wirtschaftskriminalität oder kleineren Delikten. Der Deutsche Presserat begrüßt hingegen die Veränderungen in NRW, betont allerdings auch, dass ein begründetes Interesse an der Herkunft eines Tatverdächtigen bestehen muss, etwa bei besonders schweren Delikten wie Mord oder Terrorismus.

Nennung bleibt Ländersache

So handhabt es auch die Münchner Polizei. Allerdings nennt sie die Staatsangehörigkeit nur dann, wenn keine deutsche Wohn- oder Meldeadresse vorliegt. „Ansonsten nennen wir zuerst die Stadt“, erklärt Sven Müller. „Also ein 50-jähriger Münchner oder Hamburger hat das und das getan.“ Nur wenn der Täter keine deutsche Adresse vorzuweisen hat, also wenn es sich etwa um einen Obdachlosen, einen reisenden Täter oder einen Touristen handelt, benutzt die Münchner Polizei die Nationalität des jeweiligen.

Bei Geflüchteten ist das Thema besonders sensibel, erklärt Müller: „Wenn jemand erst seit ein paar Wochen in einem Erstaufnahmelager ist, nennen wir seine Staatsangehörigkeit“, sagt der Pressesprecher. Ist jemand aber schon mit festem Wohnsitz registriert, oder in zweiter Generation in Deutschland, wird auch hier von einem Münchner gesprochen.

Ob und wie Nationalitäten genannt werden, obliegt den jeweiligen Polizeieinheiten beziehungsweise Ländern. Letztlich erklärt der Deutsche Presserat, dass jede Redaktion selber abwägen muss, ob sie die Nationalität nennt. Wir bei M94.5 halten es dabei wie die Münchner Polizei und nennen die Staatsangehörigkeit nur, wenn es uns bei dem jeweiligen Fall für sinnvoll erscheint.

Ein Artikel von Annabell Pazur und Jakob Gronemann.