
Kommentar
Eine neue XXL Konzerthalle – Wozu???
Der Münchner Flughafen soll Zuwachs bekommen. Jedoch keine neue Startbahn oder ein neuer Hangar, sondern eine riesige Konzerthalle. Totaler Nonsens findet unser Redakteur Lars Willeitner. Ein Kommentar.
Der Kommentar in der Audioversion.
Am Flughafen München soll die so genannte Munich Arena gebaut werden. Das scheint beschlossene Sache zu sein. Damit entsteht im Outback von München eine Konzerthalle, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat. 20.000 Menschen sollen dort reinpassen… das sind so viele Einwohner:innen wie Gröbenzell hat und nochmal ca. 5.000 Menschen mehr als in die Olympiahalle passen, die bis dato die größte Indoorkonzerthalle in München.
Da darf nicht zum ersten Mal die Frage gestellt werden: Braucht es das überhaupt? Ein riesiges neues Gebäude, gebaut in einem Gebiet, das eigentlich vor dem Bau des Franz Joseph Strauß Flughafens als Naturschutzgebiet angesehen wurde. Und das, obwohl man doch mit der Olympiahalle eine Top Location hat, welche der Stadt gehört und voller Geschichte und Erinnerungen steckt. Jede nur erdenkliche Künstler:in spielte dort bereits… warum also noch eine Halle?
München hat derzeit ganz andere Probleme, gerade wenn es um Konzertlocations geht… beginnend bei den Kosten. Ein Beispiel:
Die finnische Hard Rock Band Lordi ist momentan auf Tour und auch für ein paar Stopps in Deutschland. Die Preise? Immer ca. 41-42 € außer in… Richtig! München! Dort kosten die Karten über 45€. Zwar nur ein kleiner Unterschied, trotzdem summiert sich das letzten Endes und man fragt sich, warum?
Antwort sind die hohen Mieten, gerade bei Locations, die selbst vom Veranstalter in München häufig nur gemietet sind. Geld, das ausgegeben wird, soll auch wieder eingenommen werden. So funktioniert die Wirtschaft. Und so werden teure Location-Mieten an die Konzert-Besucher:innen weitergegeben. Warten diese Menschen deswegen auf eine neue Halle? Wahrscheinlich eher nicht.
Die Summe, die die private Immobilienfirma namens “SWMUNICH Real Estate GmbH” für die Arena ausgeben will: Schlappe 400 Millionen Euro. Und das ist nur eine erste Hochrechnung… denkt man nur an Stuttgart 21, BER oder die 2. Stammstrecke, wissen wir was dann passiert… Und wie muss man das Geld wieder reinbekommen? Durch viele Künstler:innen, die für möglichst teure Ticketpreise das Geld wieder reinspielen. Am Ende tragen also vermutlich mal wieder wir einen erheblichen Teil der Kosten. Diejenigen, die einfach nur Musik und ihre Lieblingskünstler:innen live sehen wollen und einen schönen Abend haben wollen.
Und nur mal im Vergleich und damit ein Blick auf inflationäre Baukosten: Die Allianz Arena in München, Deutschlands zweitgrößtes Fußballstadion, kostete gerade mal 340 Millionen Euro.
Aber was sollte man denn stattdessen machen, um Münchens Konzertkultur aufrecht zu halten?
Die Liste von Münchens größten Konzerthallen spricht da eine klare Sprache:
Olympiahalle München: Bis zu 15.500 Plätze
Zenith: 5.580 Plätze
TonHalle: 2.400 Plätze
Es braucht also dringend eine Halle, die die Zuschauer:innen-Zahl zwischen Zenith und Olympiahalle auffängt. Künstler:innen, die für das Zenith eigentlich zu groß, für die Olympiahalle aber zu klein sind, können sich die Preise für die Tickets praktisch aussuchen und sie so künstlich in die Höhe schießen lassen. Umso mehr das machen, umso normaler wird das für uns Verbraucher:innen (leider!).
Zudem sollten generell kleine Locations für Nachwuchskünstler:innen mehr gefördert werden, damit auch die Subkultur überlebt. In den meisten Fällen müssen Newcomer:innen bei ihren ersten Konzerten (zumindest in München) für die Miete, Anfahrt und so weiter draufzahlen und könenn sich so nicht lange halten. Das könnte mit breiter finanzieller Unterstützung für genau solche Fälle vermieden werden.
Man sieht also: Es gäbe also genug andere denkbare Szenarien, um 400 Millionen Euro in den Konzert- und Kulturbetrieb Münchens zu inverstieren. In Subkultur und kleinere Künstler:innen, die noch ganz am Anfang stehen… und in Unterstützung für Veranstalter:innen, die bei der Miete entlastet werden und so bei den Ticketpreisen sparen können.
Aber nicht für eine Halle, die in einem Naturschutzgebiet gebaut werden soll und für die eigentlich überhaupt kein Bedarf besteht außer: Mehr Geld für private Unternehmer. Eigentlich alles wie immer.