Theaterkritik

Herkunft

/ / Quelle: Volkstheater

Die Frage nach der Herkunft ist eine schwierige Frage. Nicht zuletzt, weil “Woher kommst du?” Menschen mit Migrationshintergrund, das Gefühl geben kann, auf die Herkunftsgeschichte reduziert und werden und nicht dazu zu gehören. Saša Stanišić widmet sich seinem Buch “Herkunft” diesem schwierigen Thema. Inspiriert dazu hat ihn wohl sein eigenes Leben. In Višegrad geboren, als Kind von Bosnisch-Serbischen Eltern, wegen des Kriegs im damaligen Jugoslawien geflohen, greift der Autor und Regisseur seine Erfahrungen auf. Regisseur Felix Hafner widmet sich der Biographie des Autors und verwandelt sie in ein Theaterstück.

Sechs Schauspieler*innen stehen auf der Bühne. Sie sind alle schlicht in Grau-Tönen gekleidet. Auch das Bühnenbild ist minimalistisch gehalten, die Zuschauenden sehen sieben Overhead-Projektoren und einen mobilen Turm aus schwarzem Metall. Die sechs Charaktere sind Geschwister und seit einigen Jahren in Deutschland. Wie der Autor sind sie aus Višegrad geflohen. Im Stück wird erzählt, was Herkunft und Zugehörigkeit für sie bedeutet. Dabei präsentiert jeder Charakter eine andere Definition von Herkunft, was ausdrückt wie schwierig und facettenreich es ist, die Frage danach zu beantworten.

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Was bedeutet Herkunft für dich?

Ist es das Zusammengehörigkeitsgefühl im Stadion von “Roter Stern Belgrad”? Denn was kann sich mehr nach Gemeinschaft anfühlen, als ein Team anzufeuern? Ist es der Besuch in Višegrad, bei dem du Anekdoten über deine Großeltern erfährst? Denn was ist mehr Herkunft, als die Herkunft und Verwurzelung deiner Familie? Ist es der nächtliche Besuch der Aral-Tankstelle? Denn was ist mehr Heimat, als der Ort an dem du die Nächte mit Freund*innen in deiner Jugend verbracht hast?

Das Stück zu schauen, bringt viele Emotionen mit sich. Wir trauern um die Demenz der Oma, die noch in Višegrad lebt und zu wenig Besuch bekommt. Wir trauern auch wegen des Gefühls, dass Integration in Deutschland Tag für Tag misslingt. Wir trauern wegen der Zerrissenheit, die die sechs Protagonist*innen, die ja eigentlich eine Einheit als Mensch sind, ausdrücken. Wir jubeln aber auch, sind begeistert, erinnern uns an Dinge die uns Zuhause fühlen lassen, an unsere Nächte als Jugendliche und wir schmunzeln über die zum Teil komische Inszenierung. Die Schauspieler*innen lassen das Publikum durch ihre expressionistische Spielart mitfühlen und reißen sie aus der Gegenwart in ihre eigene Geschichte- und in die von Stanišić.

Quelle: Volkstheater

Am Ende ist alles Glückssache. Das Publikum entscheidet per Würfelwurf, wie die Geschichte endet. Ein Symbolbild dafür, dass Herkunft ein Zufall ist. Herkunft ist, wohin der Würfel fällt.