Zwei Jahre seit Hanau

Hanau ist überall: Was sich seitdem getan hat

/ / Bild: Shutterstock; Juergen Nowak

Der rassistische Anschlag in Hanau jährt sich heute zum zweiten Mal. Viele Angehörige der Opfer sind unzufrieden mit den Behörden. Es sei nicht richtig gehandelt worden. So ist im hessischen Landtag 2021 ein Untersuchungsausschuss zustande gekommen, der mögliche behördliche Missstände und Versäumnisse im Bezug auf die Tat aufdecken soll. Was hat man herausgefunden? Was ist seitdem passiert? Hier fassen wir die wichtigsten Punkte für euch zusammen.

Im Februar 2020 schießt ein 43-Jähriger auf mehrere Menschen in der Hanauer Innenstadt. Neun Menschen sterben. Die Orte, die er dabei auswählt, sind kein Zufall. Es sind Orte, an denen sich überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund befinden. Hanau war kein Einzelfall, wie unter anderem der Anschlag im Olympiaeinkaufszentrum München 2016 zeigt. Auch hier suchte der Täter einen Ort aus, an dem viele Bürger*innen mit Migrationshintergrund ihre Freizeit verbringen.

Angehörige fordern eine lückenlose Aufklärung

Die Tatnacht kann erst Wochen nach dem Anschlag gedanklich reproduziert werden. Viele Dinge seien nicht so gelaufen wie sie sollten. Wieso war der Notausgang der Shisha-Bar verschlossen? Wieso war der Notruf zum Tatzeitpunkt nicht erreichbar? Diese Fragen beschäftigen Betroffene und Angehörige. Sie sehen viele Versäumnisse bei den Behörden. Angehörige haben sie zuvor selbst die Initiative “19.Februar Hanau” gegründet, bei der sie sich austauschen und gemeinsam diese behördlichen Versäumnisse dokumentieren wollen. Februar vergangenen Jahres veröffentlicht die Initiative die Ergebnisse ihrer Recherche auf ihrer Webseite und als Podcast auf Spotify.

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Die Angehörigen kommen in diesem Podcast zu Wort

Der Umgang mit Betroffenen

Im Untersuchungsausschuss kommen Betroffene und Angehörige zu Wort, die schildern, wie mit ihnen umgegangen wurde. Kurz nach der Tat wurden Angehörigen teilweise falsche Informationen über die Opfer gegeben. Angehörige berichten, dass Obduktionen ohne Einwilligungen stattfanden und die Kommunikation zu Behörden und Beamt*innen teilweise fehlte. So wurden beispielsweise Vili Viorel Păuns Eltern nicht über seinen Tod informiert, sondern diese erfuhren erst auf eigene Anfrage, was mit ihrem Sohn geschehen war. Danach wurden sie ohne Betreuung oder weitere Informationen nach Hause geschickt.

Was Behörden bereits wussten

Der Untersuchungsausschuss hat auch ein Gutachten zu dem Täter vorgestellt. Über den Täter war schon vor der Tat viel bekannt. Er besaß eine Waffenbesitzkarte, obwohl er schon öfters auffälliges Verhalten gegenüber der Justiz zeigte. So forderte er 2017 einen Schutzhund zum “Schutz gegen Ausländer”. Nur einen Monat vor der Tat publizierte er seine rassistischen, islamfeindlichen und antisemitischen Verschwörungstheorien online. Seit 2002 war bekannt, dass der Täter an Schizophrenie litt, was seine Paranoia gegenüber anderen Ethnien verstärkte. So streng wie die Regeln zum Besitz einer Waffen in Deutschland bereits sind, soll in Zukunft noch mehr auf Auffälligkeiten wie psychische Erkrankungen werden. Ein umfassender Hintergrund-Check soll regelmäßig durchgeführt werden.

Was nun passiert

Der Ausschuss hört derzeit noch Zeugenberichte an und arbeitet weiter an der Aufarbeitung des Attentates. Die Arbeit des Ausschusses geht noch voraussichtlich bis Ende diesen Jahres weiter. So sollen die zehn Kernfragen, die beim Antrag auf Untersuchung gestellt wurden für die Öffentlichkeit und Angehörige beantwortet werden.

Hoffnung in die neue Bundesinnenministerin

Bevor sie das Amt der Bundesinnenministerin bekleidet hat, war Nancy Faeser SPD-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag. Sie war eine der Impulsgeberinnen für den Untersuchungsausschuss. Sie setzt sich unter anderem für ein strengeres Waffengesetz ein. Ihr Ziel ist es, dass rechtextreme Taten in Deutschland nicht mehr verharmlost werden und dass empathisch und würdevoll mit Betroffenen umgegangen werden soll. Angehörige wie Said Etris Hashemi sehen darin einen großen Schritt vorwärts. Vergangenem Mittwoch hat das Bundeskabinett bereits den 11.März als nationalen Gedenktag für Opfer terroristischer Gewalt beschlossen. 

#saytheirnames

Angehörige und Aktivist*innen betonen immer wieder, wie wichtig es ist, die Namen der Opfer in Erinnerung zu halten: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kenan Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unver und Kaloyan Velkov verloren aufgrund rechtextremer Gewalt ihr Leben. Damit so etwas nie wieder passiert, soll an sie erinnert werden. Bereits im vergangenen Jahr gab dazu es Mahnwachen und Demonstrationen. Auch diese Jahr sind Events in mehreren deutschen Städten geplant.