Kommentar

Enteignungen für Wohnraum

/ / Bild: M94.5/ Michael Goder

Am 6. April hat es in Berlin eine große Demonstration mit mehreren 10.000 Teilnehmern gegeben. Der Grund: die allzu bekannte Knappheit von Wohnungen. Ein Volksbegehren dort fordert jetzt eine radikale Maßnahme: die Enteignung von Wohnungskonzernen. Während Robert Habeck von den Grünen Enteignungen für möglich hält, findet die Union die Forderungen „schwachsinnig“. M94.5-Reporter Simon Fischer stört mehr die Debatte darum und fasst seine Meinung darüber in einem Kommentar.

Das Volksbegehren zur Enteignung wird in aller Voraussicht zustande kommen. Nach zwei Tagen sammelten die Berliner schon ¾ der benötigten Unterschriften – und dabei hätten sie sogar noch knapp 6 Monate dafür Zeit, um ihr Ziel zu erreichen. Aber ob es jetzt sinnvoll ist, Wohnungskonzerne zu enteignen oder nicht – darum geht es nachfolgend nicht.

Was sagt das Gesetzt?

Hier ist die Sachlage eigentlich klar geregelt: Enteignungen zum Allgemeinwohl stehen im Artikel 15 des Grundgesetzes.

Die Argumente der Politiker für oder gegen die Enteignung zur Schaffung von Wohnraum, die halte ich nur für wenig geistreich.

Die Union stellt sich gegen Enteignungen

Auf Twitter schreibt zum Beispiel der bayerische Ministerpräsident Markus Söder: „Enteignungen seien sozialistische Ideen und hätten mit bürgerlicher Politik nichts zu tun.“ Dennoch ist es so, dass Söder selbst damals als bayerischer Finanzminister in etwa 33.000 Wohnungen an private Firmen gehen haben lassen soll – anstatt die Wohnungen zu verstaatlichen. Damit trug er zumindest in Bayern genau so wenig für die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum bei.

Aber auch in der Schwesterpartei CDU hagelt es Kritik an Enteignungen. Wenn es allerdings darum geht, Gebiete für den Braunkohleabbau frei zu räumen, scheint man bei der CDU weniger Probleme mit Zwangsenteignungen zu haben. 

Die Grünen sehen Enteignungen als Option

Was genau möchte eigentlich Grünen-Chef Robert Habeck erreichen? Seine Aussage, Enteignungen müssten in Betracht gezogen werden, ist auch nur vage formuliert. Anstatt vernünftige Argumente für seinen Standpunkt aufzuführen, kaut er nur auf dem Thema herum.

Provokationen für Wählerstimmen

Ich kaufe beiden Seiten, sowohl den Konservativen, als auch den Grünen eigentlich gar nicht mehr ab, dass es Ihnen um die Sache geht. Mir scheint es eher folgendermaßen zu sein: die Europawahlen stehen an, die Parteien wollen sich beliebt machen. Markus Söder möchte für die Union untermauern, dass man mit sozialistischem Gedankengut nichts zu tun hat. Die Grünen stehen mittlerweile als bürgerliche Partei in der Mitte der Gesellschaft, aber Robert Habeck würde nur ungern die Wähler aus dem linken Spektrum verlieren.

Deshalb liefern beide Politiker statt starken Inhalt und schlüssigen Argumenten nur Provokationen und Versuche, den anderen an den Pranger zu stellen, um sich selbst ins rechte Licht rücken zu können.

Dieses politische Hick-Hack dürfte aber keinem langfristig etwas bringen. Es ist stattdessen nur peinlich und nicht förderlich für das sowieso angezählte Vertrauen der Wähler an deutsche Politiker.