Nachruf auf John le Carré

Der Spion, der in die Kälte ging

/ / Bild: Deutsche Botschaft London

George Smiley ist wahrscheinlich der einzige Geheimagent, der James Bond Konkurrenz machen kann. Sein Schöpfer John le Carré ist nun im Alter von 89 Jahren verstorben.

„Je mehr Identitäten ein Mensch hat, desto mehr drücken sie aus, was er zu verbergen versucht.“ Das schrieb John le Carré in seinem wohl bekanntesten Roman, Dame, König, As, Spion.

Das Verschleiern der eigenen Identität kannte der englische Autor, der eigentlich David John Moore Cornwell heißt, zur Genüge: Seine Aktivität beim britischen Geheimdienst war nicht nur ein maßgeblicher Einfluss auf sein Hauptwerk rund um den Spion George Smiley, sondern bildete das gesamte Fundament für seine literarische Arbeit.

Der Spion, der Spione ausspionierte

Geboren wurde le Carré am 19. Oktober 1931 in Poole, England. Laut eigener Aussage prägten die Beziehungen, die sein Vater zum organisierten Verbrechen pflegte, schon früh sein Verhältnis zu Geheimnissen und dessen Faszination.

Zunächst aber schlug der junge le Carré eine akademische Laufbahn ein. Nach einem Fremdsprachenstudium und einer Lehrtätigkeit wurde er Mitglied beim MI5, dem britischen Inlandsgeheimdienst. Le Carré durchleuchtete linke Gruppen nach sowjetischen Spionen, nach zwei Jahren wechselte er in den Auslandsgeheimdienst MI6.

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Gary Oldman als Agent George Smiley in Dame, König, As, Spion

Dessen Arbeit führte ihn unter anderem nach Bonn und Hamburg und inspirierte ihn zu seiner Buchreihe um den Agenten George Smiley. In dieser Zeit entstanden die ersten Romane wie Der Spion, der aus der Kälte kam.

Gleichzeitig kreierte le Carré sein Pseudonym – als Geheimagent war es ihm verboten, unter seinem richtigen Namen zu publizieren. Nachdem seine Tarnung aufflog, beendete er seine Spionage-Karriere und widmete sich ganz dem Schreiben. Diese Erfahrung verarbeitete er in Dame, König, As, Spion. Der Roman bescherte ihm den Durchbruch.

Moralische Abgründe

In den ersten Jahren seines Schaffens thematisierte John le Carré insbesondere die Moral des Kalten Krieges und der damaligen Geheimdienstaktivitäten. Die Frage, ob der Zweck alle Mittel heiligt, blieb immer einer der Kernaspekte seiner Geschichten.

Dieses Dilemma wurde auch immer dann ersichtlich, wenn le Carrés Charaktere auf beiden Seiten zu unlauteren Methoden griffen – wie die zentrale Figur George Smiley, die in vier Romanen auftrat. Verkörpert wurde Smiley für Film und Fernsehen insgesamt fünf Mal, unter anderem im Jahr 1972 von Ehrenoscar-Preisträger Alec Guinness und Oscar-Gewinner Gary Oldman.

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Starautor Stephen King auf Twitter zum Tod von John le Carré

In le Carrés Werken stehen sich nie bloß Held und Antagonist gegenüber, es gibt kein Schwarz und Weiß. Stattdessen handelt jeder auch mal unmoralisch und der eigentliche Bösewicht kann plötzlich Tugend zeigen.

John le Carré verstarb am 12. Dezember 2020 einer Lungenentzündung. Er starb in seinem Haus in Cornwall, England, im Beisein seiner Familie.