Ava (Jessica Chastain) bei der Arbeit © 2020 Voltage Pictures

Filmkritik

Code Ava – Trained To Kill

/ / Ava (Jessica Chastain) bei der Arbeit © 2020 Voltage Pictures

Es sollte eine starbesetzte Mischung aus Killing Eve und John Wick werden. Leider hat der Action-Thriller Code Ava – Trained To Kill seine Ambitionen so hoch geschraubt, dass das Ergebnis unausgewogen und überladen wirkt.

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Trailer zu Code Ava – Trained To Kill

Die labile, aber außergewöhnlich talentierte (und natürlich sehr attraktive) Auftragskillerin Ava wird plötzlich von ihrer eigenen Organisation gejagt. Eine klassische Ausgangssituation für einen Action-Thriller. Weil Code Ava realistischer sein will als gewöhnliche Genre-Vertreter, darf das Publikum hier die psychischen Untiefen der Hauptfigur ergründen. Ava versucht, ihre Taten vor sich selbst zu rechtfertigen. Ihre Opfer sind böse Menschen – und böse Menschen verdienen schließlich den Tod. Ihren Job sieht Ava auch als eine Art Therapie. Und die hat sie nötig: Sie kämpft gegen ihren Alkoholismus und muss nebenbei alte Beziehungskonflikte lösen.

Hochwertige Zutaten garantieren kein umwerfendes Ergebnis

Theoretisch hat dieser Thriller alle Zutaten für einen Blockbuster. Allerdings wollen die vielfältigen Story-Ansätze in anderthalb Stunden nicht recht zusammenwachsen. Die Handlung changiert zwischen Action, Psychodrama und dem Portrait einer dysfunktionalen Familie, inklusive einer gescheiterten Liebesgeschichte. Obwohl jede Menge Stars (Jessica Chastain, Colin Farrell, John Malkovich, Common, Geena Davis, Ioan Gruffudd) größtenteils ordentliche Arbeit abliefern und das Szenenbild ansprechend gestaltet ist, wirkt das Ergebnis oft plump und stellenweise ziemlich krude.

Unterwegs mit dem Ex: Michael (Common) und Ava (Jessica Chastain) © 2020 Voltage Pictures
Unterwegs mit dem Ex: Michael (Common) und Ava (Jessica Chastain) © 2020 Voltage Pictures

Dass dieser Film seine Balance nicht findet, mag auch daran liegen, dass Regisseur Tate Taylor (u.a. verantwortlich für den oscarnominierten The Help) das Projekt kurzfristig übernommen hat. Ursprünglich sollte Drehbuchautor Matthew Newton sein Skript selbst inszenieren, wurde aber gefeuert, nachdem ihm mehrere Fälle von häuslicher Gewalt vorgeworfen wurden. Effekthaschereien sollen die Unstimmigkeiten in der Story übertünchen: Wenn Ava in eine Psychokrise abdriftet, wird das mit einem satten Halleffekt markiert. Auch der Soundtrack trägt ein bisschen dick auf. Bear McCreary (u.a. zuständig für den Score von Outlander und Agents of S.H.I.E.L.D.) will wie Trent Reznor klingen, kommt aber nicht an das Nine-Inch-Nails-Mastermind heran.

Mehr Choreographie wagen

Viele Kampfszenen bekommen Slow-Motion-Effekte, was sie unötig schwerfällig macht. Überhaupt hätte die Choreographie der Handgreiflichkeiten besser auf die Hauptdarstellerin abgestimmt werden müssen. Wenn die zierliche Jessica Chastain ganze Teams von Soldaten und Profikillern über die Schulter wirft und locker mit Faustschlägen außer Gefecht setzt, hat man das Gefühl, dass ihre Gegner nur mittelmäßige Fähigkeiten haben.

Profikiller mit Strategiedifferenzen: Duke (John Malkovich) und Simon (Colin Farrell) © 2020 Voltage Pictures
Profikiller mit Strategiedifferenzen: Duke (John Malkovich) und Simon (Colin Farrell) © 2020 Voltage Pictures

Immerhin sind ein paar Gags für Cineast*innen versteckt. Den selbstzerstörerischen Profi-Killer mit einem humanistisch gebildeten Mentor, der von seinem Chef gejagt wird, kennt man aus Brügge sehen und sterben – nur, dass Colin Farrell hier die Seiten gewechselt hat. Und den Namen der Hauptfigur kann man als (möglicherweise unfreiwillige) Anspielung auf Killing Eve verstehen: Ursprünglich sollte Jessica Chastains Rolle Eve heißen. Das alles ergibt leider nicht mehr als mediokren Sehgenuss. Das haben die Produzenten des Films wohl anders eingeschätzt – die letzte Szene liefert schon den Auftakt für eine Fortsetzung.

Code Ava – Trained To Kill erscheint am 22. Oktober 2020 auf DVD und Blu-ray. Gestreamt werden kann der Action-Thriller unter anderem über Amazon.