Filmfest 2023

A Cup of Coffee and New Shoes On

/ / Bild: ©ARTALB FILM PRODUCTIONS

Was, wenn eine Person nicht nur einen, sondern gleich zwei ihrer Sinne verliert? In seinem zweiten Spielfilm wollte sich Regisseur Gentian Koçi mit einem existenziellen Thema auseinandersetzen – und hat genau diese Frage gewählt.

Das Leben von Agim (Rafael Morais) und Gëzim (Edgar Morais) ist von Stille geprägt. Aber keine unangenehme Stille, sondern eine ganz natürliche, denn die Zwillinge sind gehörlos. Zunächst verläuft ihr Leben sehr unaufgeregt: Sie arbeiten in einer Werkstatt, spielen mit Freunden Karten und verbringen Zeit mit Gëzims Freundin Anna. Als allerdings eine genetisch bedingte Krankheit bei ihnen diagnostiziert wird, durch die sie beide zu erblinden drohen, verändert sich ihr Leben auf drastische Weise.

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Trailer zu A Cup of Coffee and New Shoes On

Jenseits der Stille

Die Stille, die zu Beginn noch unbeschwert erscheint, wird hier geschickt als Stilmittel eingesetzt. Mit jeder Sekunde, die vergeht, wirkt sie erdrückender und trägt so zur beklemmenden Atmosphäre des Films bei. Verstärkt wird diese zudem durch die tristen Blau- und Grautöne, die die ohnehin schon minimalistisch eingerichtete Wohnung dominieren. In dieser spielt sich auch der Großteil der Handlung ab, wodurch ein starkes Gefühl der Einengung entsteht. Im Umkehrschluss vermitteln so die wenigen Szenen, die in der Natur spielen, ein besonders effektives Gefühl von Freiheit. So liegt die Stärke von A Cup of Coffee and New Shoes On also vor allem in seinen minimalistischen Stilmitteln. Das macht sich auch darin bemerkbar, dass kein Soundtrack zum Einsatz kommt, wodurch der Film es vermeidet, künstlich aufgeladene Emotionen zu erzeugen.

Zwischen Minimalismus und Überdramatisierung

Stattdessen sehen die Zuschauer:innen die Einsamkeit in Agims Augen, wenn er seinem Bruder beim Tanzen mit dessen Freundin zusieht. Oder die Mischung aus Verzweiflung und Resignation, wenn er nicht weiß, wie er sich blind die Nägel schneiden soll. Schade ist nur, dass die Charaktere sich im Umgang mit ihrer Erkrankung doch teilweise etwas zu dramatisch oder unsinnig verhalten. Zudem nimmt die Krankheit sie im Laufe des Films so sehr ein, dass die beiden – trotz fantastischer Leistung der Hauptdarsteller – irgendwann keine eigene Persönlichkeit mehr zu haben scheinen. Dennoch handelt es sich hier um ein bemerkenswertes Werk über Abschottung und die erzwungene Distanzierung zweier Personen, die sich ihr Leben lang so nahe standen und nun nicht mehr wissen, wohin.

A Cup of Coffee and New Shoes On läuft am 27. und 29. Juni auf dem Filmfest München.