Bilanz des Justizministeriums

Der Kampf gegen Antisemitismus in Bayern

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Seit einem Jahr gibt es im bayerischen Justizministerium einen Beauftragten für den Kampf gegen Antisemitismus. Nun hat das Ministerium eine erste Bilanz gezogen. Was hat sich in dem Jahr getan?

Hier könnt ihr das Studiogespräch aus der Hörbar vom 6. Oktober nachhören.

Antisemitismus ist in Deutschland ein immer größeres Problem. Im Jahr 2021 gab es laut dem Bundesinnenministerium über 3000 antisemitische Straftaten. Um dem entgegenzuwirken, hat die bayerische Staatsregierung vor einem Jahr mit Andreas Franck einen Antisemitismusbeauftragten im Justizministerium eingesetzt. Für den zuständigen Minister Georg Eisenreich (CSU) eine wichtige Aufgabe.

Solche Angriffe dulden wir in Bayern nicht. Wir haben in Bayern, in Deutschland, eine besondere Verantwortungen für die Jüdinnen und Juden. Und deshalb ist es unsere Aufgabe, antisemitische Straftaten zu erkennen, zu benennen und zu bekämpfen. Und wir erfüllen diese Aufgabe auch konsequent.”

Georg Eisenreich (CSU), Bayerischer Justizminister

Seit Francks Amtsantritt haben die bayerischen Staatsanwaltschaften 657 Ermittlungsverfahren wegen Antisemitismus eingeleitet. Etwa ein Zehntel davon betreut Franck selbst. Ein großer Teil dieser Straftaten sind antisemitische Äußerungen im Internet, aber auch Hakenkreuz-Schmierereien in jüdischen Gebäuden oder holocaust-relativierende Aussagen fallen darunter. 

Was sind die Aufgaben des Antisemitismusbeauftragten?

Andreas Francks kann selbst Ermittlungen einleiten und führt einzelne Verfahren auch persönlich. Außerdem koordiniert er den generellen Umgang mit antisemitischen Straftaten im Justizministerium und sorgt dafür, dass es an allen Gerichten in Bayern einen einheitlichen Umgang damit gibt. Außerdem ist er Ansprechpartner für die Polizei oder die Staatsanwaltschaften, wenn diese nicht wissen, wie sie auf antisemitische Straftaten reagieren müssen.

Die Schwierigkeit, Grenzen zu ziehen

Die Aufgabe von Andreas Franck ist aber auch nicht unproblematisch. Denn die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und antisemitischer Straftat sind – gerade im Internet – oft gar nicht so klar. Ein gutes Beispiel ist das Thema Israel. Was ist berechtigte Kritik am Staat Israel und was ist israelfeindliche Hetze? Dass es schwierig ist, konkrete Grenzen zu ziehen, betonte auch Andreas Franck selbst:

Das ist ein Spannungsfeld, und wir stehen als Staatsanwälte auch auf dem Boden des Grundgesetzes. Das ist eine ständige Neuausrichtung, eine Neujustierung der beschriebenen Grundrechte, die hier aufeinandertreffen. Aber man muss auch sagen: Wir haben es mit einem Gegner zu tun, der seinerseits versucht, die Grenzen des Sagbaren ständig neu auszuloten.

Andreas Franck, Antisemitismusbeauftragter im bayerischen Justizministerium

Antisemitische Straftäter:innen finden immer neue Wege, ihre Aussagen zu verbreiten. Dass es den Holocaust relativiert und deshalb strafbar ist, einen gelben Davidstern mit der Aufschrift “ungeimpft” zu tragen, ist mittlerweile bekannt. Aber kann man Personen auch bestrafen, wenn anstatt des Davidsterns ein simpler gelber Punkt verwendet wird? Andreas Franck dürfte deshalb auch in Zukunft viel zu tun haben.