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Nicht anders als die Anderen

/ / Bild: M94.5 / Antonia Engelhardt

Othering kommt von dem englischen Wort “other”, also andersartig. Darunter versteht sich die Distanzierung von anderen Menschen – jemanden so zu sagen “fremd zu machen”.

Oft verstehen wir uns selbst als Teil einer Gruppe und grenzen uns so von anderen Personen ab. Das ist menschlich und prinzipiell auch nicht falsch. Diskriminierend wird das erst, wenn ein Vergleich stattfindet, der eine andere Gruppe durch negative Eigenschaften ab – und die eigene Gruppe aufwertet. Die eigene Gruppe wird zum Standard. Damit diese Norm erhalten bleibt, muss es “die Anderen” geben. 

Wir und Die

Die Konstruktion “des Anderen” spielt eine große Rolle in der Reproduktion von rassistischen Bildern und Denkweisen. Der Begriff Othering hat seinen Ursprung eigentlich in den Werken von verschiedenen Philosoph:innen, wie George Wilhelm Friedrich Hegel oder Simone de Beauvoir. Auch in postkolonialen Schriften zum Beispiel von Edward Said oder Johannes Fabian hat er Anwendung gefunden. In der Kolonialzeit wurde Othering als Rechtfertigung genutzt, um Menschen auszubeuten und den Kolonialismus aufrecht zu erhalten. Der koloniale Diskurs hing dabei von der vermeintlichen Andersartigkeit ab. 

Othering als Teil des Alltagsrassismus

Der Musiker und Aktivist Jiréh Emanuel engagiert sich in regionalen Bündnissen – unter anderem bei BlackLivesMatter Munich und dem Arbeitskreis Panafrikanismus – und hat schon als Kind Erfahrungen mit Othering gemacht. Mittlerweile reagiert er auf Fragen, wie “Wieso kannst du so gut deutsch sprechen?”, vor allem mit Humor oder Sarkasmus. Aber er macht auch deutlich:

Es kann nicht sein, dass ich im Supermarkt auf englisch angesprochen werde.

Jiréh Emanuel – Münchner Musiker und Aktivist

Als besonders schwerwiegende Form des Otherings sieht er das N-Wort. Deswegen hat er vor Kurzem die Petition “N-Wort Stoppen 2021” ins Leben gerufen. Das Ziel ist es, den Begriff in München ächten zu lassen. Einher geht das mit einem Antrag beim Migrationsbeirat der Stadt München und einem Musikvideo, um Geld zu sammeln. 

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The Story of J.J – Jiréh Emanuel

Aber nicht nur People of Color müssen sich mit Othering auseinandersetzen, sondern unter anderem auch Menschen mit Behinderung. Der Sozialpädagoge, Musiker und Aktivist Fidi Baum hat durch seine Geh- und Handbehinderung Othering erfahren. Genau wie bei Emanuel begann es bei Baum schon sehr früh. In der Schule musste er mit Mobbing und Ausgrenzung klar kommen und Sätze wie “Du bist so geworden, weil deine Mama Tabletten genommen hat” gehörten für ihn zum Alltag. 

Musik als Ventil

Seine Erfahrungen verarbeitet er unter anderem in seiner Musik. Als Graf Fidi rappt er über Ausgrenzung und das Leben mit Behinderung. Doch auch in der Musikbranche ist Baum Othering ausgesetzt:

Behinderung ist nicht sexy genug.  

Fidi Baum – Rapper und Sozialpädagoge

Von Musiklabels und Producer:innen hat er kaum Unterstützung erfahren, weswegen der kommerzielle Erfolg ausgeblieben ist. Musik macht er vor allem für seine “Nische”, also für Menschen, die seine Erfahrungen nachvollziehen können.

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Mitten im Leben leben – Graf Fidi

Jemanden zu “othern” ist so tief in der Gesellschaft verankert, dass über das Thema fast gar nicht gesprochen wird. Der erste Schritt muss deswegen sein, Othering – also die Distanzierung und Abwertung von anderen – als solches klar zu benennen, über das Thema aufzuklären und andere deutlich darauf hinzuweisen, wenn sie Othering betreiben.

Wenn ihr mehr über Othering erfahren wollt, dann schaut bei unseren letzten Folge macht:wort vorbei!