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M94.5 Kulturkritik

Sweeny Todd mordet im Deutschen Theater

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Eines der blutigsten Musicals der Welt war zu Gast in München. Der „Musical-Thriller“ überzeugt in der Neuinszenierung von Derek Anderson mit Spielfreude, Humor und der mitreißenden Musik von Stephen Sondheim.

The Worst Pies in London

Die Geschichte des “Demon Barber of Fleet Street” ist spätestens seit der Filmadaption von Tim Burton weltbekannt: Der Barbier Benjamin Barker kehrt unter dem Namen Sweeny Todd nach 15 Jahren Exil zurück nach London, um Rache zu üben an den Menschen, die ihn zu Unrecht verurteilt haben. Aber der Weg zu seiner Rache ist bereits gesäumt mit Leichen. Um diese Leichen verschwinden zu lassen arbeitet er mit Mrs. Lovett zusammen, über deren Pie Shop Sweeny seinen Herrensalon eröffnet. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell ist geboren, denn die frischen Fleischpasteten finden Anklang.

Wer nur Burtons Film kennt, der wird überrascht sein, wie witzig dieser „Thriller“ ist. Es ist ein makabrer Humor, den vor allem Sarah Ingram trägt, die Mrs. Lovett mit viel Lust verkörpert. Neben ihr wirkt Hauptdarsteller Stephen John Davis erstaunlich verhalten. Stoisch schlitzt er die Kehlen seiner Opfer auf. Wahnsinn oder Verzweiflung schimmern da nur vereinzelt einmal auf. Der allgemeinen Stimmung des Abends tut das jedoch keinen Abbruch. Sweeny Todd ist lustig und tragisch zugleich, sehr spannend und strahlt vor allem in seinen Gruppenszenen. Denn in ihnen wird das düstere und bedrohliche des Viktorianischen London deutlich, in dem ein mordender Barbier leicht vorstellbar ist.

Sweeny mordet fröhlich weiter// DeutschesTheaterMünchen Martin Kaufhold

The Ballad of Sweeny Todd

Am Ende ist es jedoch die Musik, die Sweeny Todd so besonders macht. Sondheim weicht in seiner Komposition von den üblichen Musical Plattitüden ab und bedient sich unter anderem bei klassischen Requiem Motiven. So wirkt dieses Musical schon beinahe opernhaft, ohne dabei auch so gravitätisch oder pompös zu sein, wie es der Oper gerne nachgesagt wird. Minimal orchestriert mit zwei Klavieren und wenig Schlagwerk stehen die Stimmen des Ensembles im Vordergrund. Die Musik ist mal lustig, mal düster und furchteinflößend und balanciert so auch wesentlich diese beiden Tendenzen des Stückes allgemein aus. Sondheims Songs reißen mit – auch noch über 40 Jahre nach ihrer ersten Aufführung 1979. The Ballad of Sweeny Todd zumindest, wird dem Publikum der Neuinszenierung sicher nicht so schnell aus dem Kopf gehen.