Klimaerwärmung im Winter

Heiße Winterzeit

/ / Bild: Prof. Dr. Susanne Renner

Kaum Schnee und recht mild – so lässt sich der Winter dieses Jahr ganz gut zusammenfassen. Und der Eindruck trübt nicht: 2019/2020 hatten die zweitwärmsten Wintermonate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen! Das hat auch Auswirkungen auf Natur und Tourismus.

Mit einer Durchschnittstemperatur von 4,5 Grad Celsius in den Wintermonaten Dezember bis Februar 2020 ist dies der zweitwärmste Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen. Wärmer war es nur im Winter 2006/07 – um gerade 0,1 bis 0,2 Grad. Und selbst dabei muss man unterscheiden, erklärt Diplom-Meteorologin Gudrun Mühlbacher: „In manchen Regionen war es dieses Jahr auch wärmer als im Winter 2006/2007. Den zweitwärmsten Winter haben wir nach dem Gebietsmittel, das ist das Flächenmittel für Gesamtdeutschland.“ Dabei unterscheidet sich die Durchschnittstemperatur jedes Jahr ziemlich stark. Das ist allerdings nicht gleich auf die Klimaerwämung zurückzuführen. „Die starke Variabilität der Temperaturen hängt mit dem Auftreten von Wetterlagen zusammen. Aber natürlich haben wir einen Einfluss durch den Klimawandel: Die Dauer bestimmter Wetterlagen ist verändert. Das haben wir letzten Winter zum Beispiel gesehen.“ Laut der Meteorologin bleiben Hochs und Tiefs also länger.

Die Natur freut sich

Vogelgezwitscher schon im Februar, die Wiesen schon grün und die gelben Frosythien leuchten auch schon um die Wette. Der milde Winter wirkt sich offensichtlich auf die Natur aus. Ein Problem stellt das für die Botanik erst mal nicht dar, sagt Professor Susanne Renner, Direktorin des Botanischen Garten München und Professorin für Systematische Botanik und Mykologie an der LMU: „Die Blätter der Pflanzen sollen ja Photosynthese betreiben. Wenn es warm genug ist, diese Blätter zu entfalten und der Boden vor allem genügend Wasser im Boden ist, so wie diesen Frühling, ist das wunderbar.“

Professor Dr. Susanne Renner, Direktorin des Botanischen Garten München
Bild: Francesco Rizzato

Dass dieses Jahr kaum oder sogar gar kein Schnee auf dem Boden lag, hat für die Pflanzen hier keinen Schaden: Das spielt in unserer Höhenlage keine Rolle. Wichtig ist der Schnee im Hochgebirge”, so Professor Renner. Problematisch ist es für die Natur nur, wenn dann noch einmal der Kälteeinbruch kommt: “Die Magnolien haben auch schon Blüten. Eine Frostnacht wie dieses Wochenende kann aber dazu führen, dass alle Blüten erfrieren.”, erklärt die Professorin.

Auswirkungen auf den Tourismus

Nicht nur die Temperaturen verändern sich langfristig, sondern auch der damit verbundene Tourismus. Vor allem die niedrig gelegenen Ski-Gebiete würden, bedingt durch die erhöhten Winter-Temperaturen und den fehlenden Schnee, aus der Reihe der Wintersportorte mit den Jahren fallen, erklärt Jürgen Schmude, Professor an der Ludwig-Maximilians Universität München am Department Geographie. Auf den Münchner Städtetourismus bezogen, wirken sich vor allem die heißen Sommermonate aus. Hier würden viele Menschen lieber das Stadtumland mit den Seen aufsuchen, so Schmude. Die steigende Hitze macht einen Aufenthalt in der Münchner Innenstadt künftig deutlich unangenehmer. 

Professor Dr. Jürgen Schmude, Professor für Geographie an der LMU
Bild: Dr. Schmude

Corona als Chance? 

Der Flugverkehr ist inaktiver als je zuvor und der Tourismus ist erst einmal für mehrere Monate still gelegt. Die Umwelt scheint sich von den jahrelangen Strapazen zu erholen. Bildet sich durch die Schonung somit vielleicht eine Chance für zukünftig „normalere“ Winter? Ein dafür notwendiges, massives Umdenken des Reiseverhaltens der Menschen könne laut Jürgen Schmude noch nicht festgemacht werden, dennoch sieht Schmude eine Chance darin, dass sich das Bewusstsein der Reisenden zumindest verändern könne. Das Zurückfallen in alte Verhaltensmuster wäre dabei aber nicht ausgeschlossen.