M94.5 FILMKRITIK

Undine – Der neue Film von Christian Petzold

/ / Undine und Christian/ Bild: Hans Fromm für Schramm Film

Eine übernatürlich schöne Frau, die jeden Mann liebt, der sie ruft, ihn jedoch töten muss, wenn er sie verlässt – das ist der mythische Wassergeist Undine. Sie kann nur an Land bei den Menschen leben, wenn sie einen Geliebten hat. Christian Petzold nimmt sich diesen Stoff und versetzt ihn in das heutige Berlin.

Die moderne Undine (Paula Beer) arbeitet als studierte Historikerin im Berliner Stadtmuseum und hält kluge Vorträge. Wir treffen sie, als sie gerade zwischen zwei Vorträgen von ihrem Freund Johannes (Jacob Matschenz) verlassen wird. Sie erinnert ihn, dass er versprochen hatte, sie ewig zu lieben und, dass sie ihn umbringen müsse, wenn er dieses Versprechen nicht halte. Trotzdem geht er einfach. Noch geschockt von dem Zusammenbruch ihrer Welt verliebt sie sich in einen anderen Mann, Christoph (Franz Rogowski), ein Industrietaucher. Undine ignoriert also ihre Bestimmung Johannes zu töten und zurück in ihren See zu gehen. So ganz scheint sie allerdings nicht von ihrem Fluch befreit zu sein.

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Was klingt da so schön? – J. S. Bach (Adagio, BWV 974) im Trailer zu Undine

Preisgekrönt und hochgelobt

Paula Beer spielt die Undine undurchsichtig, faszinierend – als eine Sagengestalt, die nicht ganz zu greifen ist. Für diese Performance wurde sie auf der Berlinale mit dem silbernen Bären ausgezeichnet. Der Film ist preisgekrönt und sowohl von der nationalen als auch von der internationalen Presse hoch gelobt worden. So würdigt Die Zeit die Poesie in Petzolds Film, sein Plädoyer für die Wiederentdeckung der Märchen der deutschen Romantik und beschreibt seinen modernen Ansatz einer Undine, die sich gegen ihren Fluch wehrt.

90 Minuten plätschernde Bedeutungsschwere

Es stellt sich jedoch die Frage, wie modern eine Figur sein kann, die allein durch die Liebe von Männern lebensfähig ist. Ja, Undine weigert sich, ihren Ex zu töten, diese Entscheidung wird allerdings derart welt-entrückt dargestellt, dass Undine dabei völlig passiv wirkt. Sie fällt in ihre nächste Beziehung hinein und genießt einfach, was passiert. Die Liebe zwischen Undine und Christoph stellen Paula Beer und Franz Rogowski, die auch schon bei Petzolds Transit (2018) die Hauptfiguren gespielt haben, überzeugend innig und vertrauensvoll dar. Es ist schön, diese Beziehung wachsen zu sehen, viele Reibungs- und damit Spannungspunkte gibt diese glückliche Beziehung allerdings nicht her. Allein die bedeutungsschwangere Klavieruntermalung und die leisen Stimmen, die Undine aus dem Wasser rufen, deuten immer wieder an, dass da noch etwas im Argen liegt. Wirklich bedrohlich wirken diese kurzen Momente jedoch nicht.

Undine ist zweifellos ein atmosphärischer Film, der Petzolds Regietalent nur weiter unterstreicht. Die schönen Bilder zeigen eine gesunde, intensive Liebesbeziehung. All dem fehlt es jedoch an Spannung und Tiefe. Die Figuren sind so traumversunken, dass es schwerfällt, mit ihnen mitzufühlen und hinter all ihren Blicken, ist keine größere Aussage erkennbar. Undine wirkt wie ein Film, der bedeutungsvoller sein möchte, als er ist.

Auftakt einer neuen Trilogie

Undine soll laut einem Interview im Kölner Stadtanzeiger nur der Auftakt einer neuen Trilogie von Christian Petzold um die Elementargeister Wasser, Erde und Luft sein. Wir dürfen also gespannt sein, wie Petzold die alten deutschen Mythen in seinen nächsten Filmen neuinterpretieren wird.

Undine ist ab dem 2. Juli 2020 in den deutschen Kinos zu sehen.