Filmfest 2023

THE RETURN FROM THE OTHER PLANET

/ / Jonathan Heck ©Black Sheep Film Productions

Manchmal erschafft ein Pseudonym nicht nur Anonymität sondern eine neue Persönlichkeit. Und manchmal muss diese Persönlichkeit dann das größte Verbrechen der Menschheit bezeugen. Assaf Lapid beleuchtet in seiner Dokumentation das Leben von Ka-Tsetnik, einem Autor, der das Schicksal von sechs Millionen Menschen auf seinen Schultern trug.

135633. Das ist der neue Name, den Yehiel De-Nur 1942 in Auschwitz von einem SS-Mann bekommt. Diese Nummer, dieser Name brennt sich ein. Yehiel wird ihn sein Leben lang nicht mehr ablegen können. Aber er überlebt die Hölle in Auschwitz und beginnt zu schreiben. Dafür erschafft er Ka-Tsetnik, ein Pseudonym, dass ihn von nun an während der schwierigen Aufarbeitung schützen soll. Wie einen Panzer trägt er den Namen und seine alte Uniform aus dem Lager. Beides soll das neue Leben in Freiheit und das Grauen der Vergangenheit voneinander trennen. Trauma, Schuld und Scham bilden eine scheinbar undurchdringbare Grenze. Doch der Panzer bekommt Risse, als Yehiel De-Nur und Ka-Tsetnik im Zeugenstand des Adolf Eichmann-Prozesses zur Konfrontation gezwungen werden.

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Eine erfahrbare Erinnerung

Mit Zeitzeug:innen, Expert:innen und Originalaufnahmen, verfolgt das Publikum die Entwicklung der beiden Persönlichkeiten, wie sie sich annähern und von einander entfernen. Es entsteht eine persönliche Geschichte, die repräsentativ für das Leid von Million Menschen steht, an die die Zuschauer:innen ganz nah heranrücken. Das geschieht besonders, in den originalen Liveaufnahmen als Yehiel De-Nur zu Ka-Tsetnik wird und wie in Trance zu sprechen beginnt. Ka-Tsetnik beschreibt dabei er was er gerade vor seinem inneren Auge sieht und zeichnet Ausschwitz damit, als mehr als eine verblasste Erinnerung. Auch die Inszenierung der Texpassagen unterstüz diesen Effekt. Die hebräische Sprache und die musikalisch untermalten Wörter von Di-Nur berühren und bewegen. Das geschrieben Wort wird wieder auf die Zunge gelegt und damit spürbar. Assif Lapid schafft es, in einer Zeit, in der es immer weniger Zeitzeug:innen der Shoah gibt, dem Vergessen entgegenzuwirken. The Return from the Other Planet zeigt, wie auch Jahrzehnte nach der Befreiung von Auschwitz, die Grauen von damals in die Gegenwart hineinreichen.

Ka-Tsetniks Vermächtnis

Gerade in diesem greif- und spürbar Machen von Erinnerung, erschafft der Film mehr, als nur ein emotionales Portrait von Yehiel De-Nur. Denn gerade am Ende seines Lebens warnt De-Nur vor allem davon, dass so etwas wie Ausschwitz jederzeit wieder passieren kann. Ein essentieller Schutz gegen die Wiederkehr solchen Grauens ist das Erinnern. Deshalb ist es berührend zu sehen, wie der Film nicht nur den Lebensweg von Yehiel nachzeichnet, sondern auch versucht sein Vermächtnis weiterzutragen.

The Return of the Other Planet läuft am 26. 27. und 29. Juni auf dem Filmfest München.