Kommentar

Superreiche auf dem Weg ins All

/ / Bild: M94.5 / Vroni Kallinger

Jeff Bezos, Richard Branson und Elon Musk – Die drei und viele weitere Superreiche wollen oder haben es sogar schon ins All geschafft. Für sie geht ein (Kindheits-)Traum in Erfüllung, aber zu welchem Preis? In den Weltraum fliegen könnte auf längere Sicht ein extrem teures und vor allem umweltschädigendes Hobby werden. Ein Kommentar von Nina Wieking.

594 Menschen waren schon einmal im All. Sie haben die von dem internationalen Luftsportverband FAI definierte Höhe von 100km über der Erdoberfläche überschritten – die sogenannte Kármán-Linie. Damit können sie sich offiziell als Raumfahrer:innen bezeichnen. Die große Mehrheit dieser Menschen ist aus wissenschaftlichen Gründen ins All geflogen. Denn mehr über das All zu erfahren, hilft, mehr über die Welt, in der wir leben, zu lernen, wissenschaftliche und technische Erkenntnisse weiter zu fördern und auch der Ur-Frage der Menschheit nachzugehen. Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin?

Eine neue Ära

So kannten wir das bisher. Doch in den letzten Wochen sind ein paar Menschen aus Eigennutz, zur persönlichen Befriedigung in den Weltraum geflogen – ganz einfach, weil sie Geld haben. Damit haben Jeff Bezos, Richard Branson und Elon Musk eine neue Ära eingeleitet. Die Ära des Weltraumtourismus. Eine für die drei Superreichen sehr lukrative Geschäftsidee. Eine Geschäftsidee, von der nur Reiche profitieren werden, um ihre Wünsche zu erfüllen und ihr Geld gesellschaftsschädigend auszugeben.

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Ein Gesellschaftsschädigendes Hobby

In den Weltraum fliegen wird auf absehbare Zeit ein kostspieliges Hobby bleiben – und ein umweltschädigendes. Leonardo DiCaprio oder auch Brad Pitt haben schon ein Ticket und werden ihren vermutlich sowieso schon sehr großen ökologischen Fußabdruck noch vergrößern. Neben den Ressourcen, die die Raumfahrt generell bindet, ist ein ökologischer Aspekt von vielen, dass Raketen auf ihrem Weg ins All alle Schichten der Atmosphäre durchqueren und die Ozonschicht beschädigen – die dünne Schicht, die die Erde sonst vor zu viel UV-Strahlung schützt.

Auch das Argument von Jeff Bezos, seine Rakete würde überhaupt kein CO2 ausstoßen, erzählt nur die halbe Wahrheit. Zwar ist Flüssigtreibstoff im Gegenteil zum ansonsten benutzten Kerosin umweltfreundlicher, aber die Herstellung von flüssigem Wasserstoff braucht viel Energie, wobei wiederum CO2 freigesetzt wird. Hinzu kommt natürlich noch: die Herstellung der Rakete, die Produktion der beim Raketenstart benutzten Geräte, der Transport von Materialien und Menschen zum Weltraumbahnhof, die Erzeugung der Weltraumanzüge und und und. All diese Emissionen, die ausgestoßen werden, helfen weder der Wissenschaft noch der Gesellschaft.

Extreme Umweltbelastung

Vielmehr dienen sie dem Ego und der Befriedigung von Wünschen einer kleinen Anzahl von Menschen. Einer kleinen Elite, die im wahrsten Sinne des Wortes so abgehoben ist vom Rest der Menschheit, dass die Erde für sie nicht mehr auszureichen scheint. Mit einem Flug ins All verstärkt sich der Eindruck, dass ein kleiner ausgewählter Kreis den Blick für die Probleme verloren hat, die viele Menschen in ihrem Alltag beschäftigen: Wie sie ihre Familie finanziell über die Runden bringen sollen? Wo das Geld für die Ausbildung oder das Studium fürs Kind herkommt? Wie sie das Geld für teure Medikamente aufbringen sollen?

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Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer weiter aufgerissen

Die zum Tourismus umfirmierte Raumfahrt reißt eine noch tiefere Kluft zwischen Arm und Reich. Während die einen nicht wissen, wo die nächste Mahlzeit herkommt, wollen die anderen auf ihrem Weg ins All bejubelt werden. Während Mitarbeiter:innen von Amazon ausgebeutet werden, bedankt sich Bezos, dass ihm die harte Arbeit seiner Mitarbeiter:innen und die Treue seiner Kund:innen den Flug ins Weltall ermöglicht haben. Während die Otto-Normalverbraucher:innen demonstrieren gehen für Klimaschutz und selbst die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen, fliegt eine kleine Elite in den Weltraum und will daraus eine Reisebranche machen. Mit fortschreitendem Weltraum-Tourismus und der räumlichen Distanz zur Erde scheinen die Probleme der „normalen“ Menschen aus dem Blick derer zu verschwinden, die durch ihren wirtschaftlichen Erfolg Verantwortung tragen und dieser mit einem Beitrag gerecht werden sollten, der bestimmt nicht im Erleben von 10 Minuten Schwerelosigkeit zu suchen ist.