Filmfest 2025

Quasi A Casa

/ / Bild: Filmfest München / Text: Juliana Schneider

Du bist Anfang 20, willst deinen Platz in der Welt finden, hast aber mehr Angst als Mut. Und dann steht plötzlich dein Idol vor dir und sieht dich wirklich.  
Quasi a casa, das Regiedebüt von Carolina Pavone, ist ein Film über genau diesen Moment. Über Nähe, die plötzlich zu viel wird. Über die Frage, wie man zu sich selbst findet – und warum das manchmal verdammt kompliziert ist. 
 

Im Mittelpunkt steht die „twenty something“-alte Caterina. Sie will nichts lieber als Musikerin werden, aber Angst und Selbstzweifel bremsen sie aus. Bis sie eines Sommers auf Mia trifft – eine gefeierte französische Sängerin, laut, lässig, scheinbar grenzenlos frei.  

Bild: Filmfest München

Was als eine glückliche Begegnung beginnt, entwickelt sich schnell zu einer intensiven, undefinierten Beziehung, die Caterina noch lange prägen wird. Sie taucht ein in Mias Welt aus Musik, Nacht und Bühne – und verliert dabei zunehmend die Kontrolle über ihr eigenes Erleben. Mias Blick wird zum Maßstab: Was zählt, entscheidet sie.  
Quasi a casa zeigt, wie schnell Inspiration zur Abhängigkeit werden kann – und wie gefährlich es wird, wenn ein Vorbild nicht nur inspiriert, sondern definiert.  

„Ich wollte nicht wie du sein. Ich wollte, dass du mich siehst“ 

So flüstert Caterina, als sie am Meer steht, erschöpft, irgendwie verzaubert und vor allem überfordert. Der Satz fasst die Beziehung zu ihrem Idol in wenigen Worten: irgendwo zwischen Nähe, Abhängigkeit, Identitätssuche und Selbstverleugnung.

Bild: Filmfest München

Coming of Age – aber ohne Kitsch

Pavones Film ist kein klassisches „Ich finde meinen Platz in der Welt“-Narrativ. Vielmehr geht es um den ersten Versuch, sich selbst zu sehen – jenseits von Idolen, Bildern und Erwartungen. Zwischen Tourbusflirts, Zigarettenrauch und flirrenden „Was-wäre-wenn“-Momenten entfaltet sich eine Dynamik voller Zärtlichkeit und Gefahr. Es gibt keine klaren Kategorien. Kein klassisches Coming-out. Keine große Heldinnenreise. Nur zwei Frauen, die sich gegenseitig herausfordern. 
 

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Trailer zu “Quasi A Casa”

Poetik der Verlorenheit

Ohne laute Inszenierung, aber mit sensibler Beobachtung erzählt Carolina Pavone von inneren Umbrüchen. Die Kamera bleibt nah an Caterinas Gesicht, registriert kleinste Regungen. Licht und Ton werden zu Erzählmitteln: flirrende Sonnenreflexe, verschwommene Musikproben, intime Blicke. Diese poetische, fast traumartige Bildsprache lässt spürbar werden, wie sich Orientierungslosigkeit anfühlt.  

Am Ende steht Caterina allein. Oder vielleicht zum ersten Mal ganz bei sich. Und das ist keine Niederlage. Sondern ein Anfang. Dabei ist der Titel auch kein Zufall. „Quasi a casa“ heißt: Fast zu Hause. Und genau das ist das Gefühl, das bleibt. Nicht angekommen. Aber vielleicht das erste Mal den Mut gefasst, loszugehen. Und vielleicht ist das auch genug.  

„Quasi a casa“ feierte 2024 in Venedig Premiere und wurde am 3. sowie 4. Juli auf dem Filmfest München in der Reihe der International Independents gezeigt.