Love for Sale (c) Judith Buss

Theaterkritik

Love for Sale

/ / Love for Sale (c) Judith Buss

Sex sells! Ein typischer Spruch aus der Werbeindustrie. Doch wie weit darf Sex und am Ende damit vielleicht ein Körper zur Ware werden? Dieser kontroversen Frage stellt sich Karen Breece in ihrem Stück Love for Sale.

Was erzählt der Umgang mit Prostitution und Sexarbeit über unsere Gesellschaft? Und was bedeutet es, seinen Körper als Ware einzusetzen und zu verkaufen? Was ist Selbstbestimmung, wann beginnt der Missbrauch? Mit ihrem Theaterabend versucht Regisseurin Karen Breece all diese Fragen in drei Stunden zu packen und einen Dialog zu starten zwischen Sexarbeiterinnen, Expert:innen, Betroffenen, uns allen.

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Teaser zu Love for Sale von Karen Breece

Das Stück fängt mit ruhigen Gitarrenklängen, dem Lied Love for Sale und einer Einführung der drei Schauspielenden an. Das teils etwas unkoordinierte, aber dafür umso sympathischere Schauspiel wird mit der Zeit immer mehr durch eine multimediale Aufbereitung ergänzt. Audiointerviews, vorgelesene Texte und Videos führen einen durch das Thema Sexarbeit und Prostitution. Durch die unterschiedlichen Formen werden Expert:innen, wie eine Sexualassistentin, ein Frauenarzt, aktuelle und ehemalige Sexarbeiterinnen, Teil des Stücks und das Publikum bekommt einen kleinen Einblick in die Langzeitrecherche, die hinter Love for Sale steckt.

Angela Aux (r), Mara Widmann (m) und Lisa Marie Stojčev (l) – Love for Sale (c) Judith Buss

Sex-Rap-Karaoke

Aufgelockert werden die teils sehr ernsten Beiträge durch melodische Gitarrenlieder, eine Rap-Karaoke-Session in pinken Mänteln oder durch die Miteinbeziehung des Publikums. Zwei Zuschauende erzählen dann von ihrem Besuch im Puff. Die Eine war nur im Vorraum beim Geldautomaten, um Bargeld für ihre Pizza abzuheben. Der Andere ist sich so unsicher in seiner Rolle, dass er, nachdem er als sein Sternzeichen “aspargus” statt sagittarius angegeben hat, ohne weitere Worte flieht. Die kurze Interaktion sorgt für Lacher, aber macht auch die Notwendigkeit des Dialogs zum Thema Sexarbeit klar. Zu viel Scham und Unwissen verhindern eine Auseinandersetzung mit dem alltäglichen Thema.

Lisa Marie Stojčev und Mara Widmann in pinken Mänteln beim Karaoke rappen – Love for Sale (c) Judith Buss

“Kannst du ficken?”

Wie alltäglich das Thema ist, macht ein Live-Gast klar. Samuel sitzt im Rollstuhl und hat genug davon, immer wieder die Frage “Kannst du ficken?” gestellt zu bekommen. Fremde Menschen in der Bar oder auch eine Sexarbeiterin, die er engagiert hat, stellen ihm immer wieder dieselbe Frage. Hier geht das Theaterstück auf einen wichtigen Teilbereich von Sexualität ein – Die Berührungsängste und zeitgleiche Dreistigkeit vieler Menschen, wenn es um Sex mit Behinderung geht. Das Samuel überhaupt auf die Idee kommt ins Publikum zu fragen, ob sich jemand traut ihn zu umarmen, wirft einen traurigen Blick auf unsere Gesellschaft.

Sexarbeit – kurzweilig und unterhaltsam aufbereitet

Das Stück wirkt trotz seiner Länge und dem Thema kurzweilig sowie unterhaltsam. Dies liegt vor allem an den vielen unterschiedlichen Elemente, die in Love for Sale integriert sind. Die drei Schauspielenden sind bestimmt nicht perfekt und wirken teils etwas chaotisch, aber gerade das macht sie charmant und schafft eine besondere Nähe zum Publikum. Allerdings hätten die Drei besonders in der zweiten Hälfte eine größere Rolle bekommen sollen. Einige intensive Interviews mit harten Aussagen und Erlebnisberichten hätten zwingend eine Einordnung benötigt und nicht nur einen gemütlichen Gitarrensong, der dahinter geschoben wird. Dadurch ist die vermeintlich angestrebte vollständige, saubere und sensible Aufbereitung des Themas leider massiv beeinträchtigt. Dennoch ist der Theaterabend ein guter Anfang zum Nachdenken und ein guter Einstieg als Start für einen Dialog.

Love for Sale war vom 26.11. bis 30.11. im HochX zu sehen.