Filmkritik

Krähen. Die Natur beobachtet uns

/ / © Lucky Film DCM

Krähen, das sind doch diese Vögel, die immer und überall sind. Und gerne auch mal in riesigen Schwärmen auftreten. Und ein Film über Krähen? Da denken Cineast:innen sofort an Hitchcock… Aber nein. Wer vermutet, in „Krähen. Die Natur beobachtet uns“ ginge es – zumindest irgendwann – um die unheimliche Seite dieser schwarzen Vögel mit dem spitzen Schnabel, der irrt.

Am Anfang dieser eineinhalbstündigen Doku baut sich aus der Ferne das Krächzen aus etlichen Krähenhälsen auf, die Kamera zoomt hinein in den Schwarm, pickt einen Vogel heraus, der hinüberfliegt in eine gezeichnete schwarzweiße Welt, in der die Vögel die Perspektive übernehmen. Zum stilistischen Switch erklingt die Stimme von Elke Heidenreich, die uns erzählt, dass diese Vögel uns und unsere Geschichte beobachten, uns als schwarze Schatten begleiten – schon seit Jahrtausenden. Die Richtung scheint also klar: Der Schweizer Filmemacher Martin Schilt hat hier nicht einfach eine Tierdokumentation gedreht. Er nimmt uns auch mit auf eine Reise durch die kulturhistorische Bedeutung der Krähen und scheut sich auch nicht, philosophisch angehauchte Überlegungen anzustellen.

Auch für Nebelkrähen muss es manchmal Fast Food sein. © Lucky Film DCM

Krähen sind wie Journalist:innen: Sie beobachten

Zehn Jahre – so lange hat sich Martin Schilt Zeit genommen für seinen Krähen-Film. Alles begann, als sein Sohn, damals neun Jahre alt, ihm das Sujet Krähen ans Herz legte. Er fing an zu recherchieren und verliebte sich in die Rabenvögel. In einem Interview sagt er, es habe auch daran gelegen, weil Krähen das Gleiche täten wie Journalist:innen: beobachten.

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Der Trailer zu Krähen. Die Natur beobachtet uns

(K)ein Überflieger

Für den Film beobachtet Schilt Krähen und Menschen, die sich für Krähen begeistern rund um den Globus. Wir begegnen Wissenschaftler:innen, die fasziniert sind von der Neugier der Krähen, ihrer Intelligenz – ihnen bis in die kleinsten Winkel verlassener Gegenden und auf Baumwipfel folgen. Wir lernen unter anderem die Saatkrähen kennen, Rabenkrähen, Dickschnabelkrähen und auch die Stars der Krähenforschung: die Neukaledonienkrähen. Um an versteckte Larven zu kommen, bauen die Vögel sich Werkzeuge: Sie nehmen kleine Äste, befreien sie von den Blättern und stochern mit ihnen im Holz nach ihrer Beute. Dieses Verhalten wird in „Krähen. Die Natur beobachtet uns“ zum ersten Mal dokumentiert.

Und dennoch: Trotz der passionierten Wissenschaftler:innen, der vielen wunderbar eingefangenen Krähen-Wimmelbilder, der liebevoll geduldigen Aufnahmen von Krähen in Großstädten oder in freier Wildbahn. Trotz der – allerdings eher spärlich eingestreuten – von Elke Heidenreich gesprochenen Gedanken über die Krähen, ein paar kulturhistorischen Fakten, bleibt die Dokumentation hinter den Erwartungen zurück. Wer erwartet hat, dass hinter dem Titel „Die Natur beobachtet uns“ mehr steckt, als dass Krähen sich für uns interessieren, weil Menschen Futterlieferanten oder Feinde sein können, der dürfte enttäuscht sein.

„Krähen – Die Natur beobachtet uns“ läuft ab 16. November 2023 in den deutschen Kinos.