Kommentar

UEFA – Fans als Mittel zum Zweck 

/ / Bild: M94.5 / Vroni Kallinger

Das Champions League Finale 2022 wurde vor allem außerhalb des Sportlichen geprägt. Eine schlechte Organisation begünstigte etliche Verletzte. Die UEFA muss Verantwortung übernehmen, meint M94.5-Redakteur Tim Lüngen. Ein Kommentar. 

Samstag Abend, der 28. Mai 2022, 21:00 Uhr. Um diese Zeit sollte das Champions League Finale zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid in Paris angepfiffen werden. Stattdessen: Ein halb leeres Stadion.  

Vor den Zugängen zum Stadion filmten währenddessen viele Beteiligte mit, es sind erschütternde Bilder. Allerdings meine ich damit nicht die Videos von ticketlosen Fans, die über Zäune klettern. Im Gegenteil, es ist die Reaktion darauf. Der Veranstalter blockierte alle Eingänge, wodurch sich Liverpool-Unterstützer:innen massenhaft stauten. Die örtliche Polizeibehörde reagierte darauf mit Pfefferspray und Tränengas. Ein Verhalten, welches nicht zu entschuldigen ist. Unter den Betroffenen befanden sich auch Kinder. Währenddessen entschuldigte sich die UEFA bei den Zuschauer:innen, die bereits im Stadion waren. Das Spiel hätte Verspätung, da mehrere Fans verspätet angekommen wären. 

Opfer-Täter-Umkehr 

Die UEFA tritt mal wieder nach unten. Statt ihre Unfähigkeit in der Organisation ihres Events zuzugeben, lügt sie diejenigen eiskalt an, die sie am Leben halten. Die Fans. Für diese ist das Champions League Finale das Event des Jahres, für viele soll es der beste Tag ihres Lebens werden. Dafür lässt sich die UEFA mit astronomischen Ticketpreisen ja auch ordentlich gut bezahlen. Trotzdem hat der Verband die Dreistigkeit zu behaupten, es sei die Schuld von angeblich verspäteten Fans, dass Menschen mit Tränengas verletzt werden. Die Aussage revidierte die UEFA zwar nicht, dafür brachte sie ein neues Argument ein. Mehrere Tickets von Liverpool-Fans sollen gefälscht gewesen sein. Das kann lange nicht bewiesen werden, wie Recherchen der Sportschau zeigen. 

Kein Bezug zur Fanrealität 

Die UEFA widerspricht sich selbst. Ihr sind Tatsachen egal, solange die Scheinwelt stimmt. Hauptsache groß, Hauptsache amerikanisch, Hauptsache Umsatz. Mit Fanrealität hat das nichts mehr zu tun. Tickets kann man sich nur noch leisten, wenn man auf den Urlaub verzichtet. Fangesänge vor dem Spiel werden kritisiert, weil sie die völlig überinszenierte Musikshow stören. Fanbanner werden entfernt, weil sie Werbebanner verdecken. Der Fan ist ein Mittel zum Zweck, der Zweck ist das Geld. Der kommerzialisierte Fußball hat schon lange nichts mehr mit sich selbst zu tun. 

Der UEFA würde es guttun, sich Fehler einzugestehen 

Für ihre ausgeprägte Moral war die UEFA wohl nie bekannt. Im Gegenteil, sie verkaufte diese liebend gerne an homophobe Autokraten, während sie in feinster Doppelmoral-Manier eine Kampagne namens “Equal Game” fuhr. Gerade jetzt, nach diesem völlig verkorksten Finale, täte ihr ein Image-Wechsel gut. Schließlich führt an der UEFA im kontinentalen Fußball kein Weg vorbei. Es ist essenziell für das Überleben dieses Sports als Leidenschaft, statt nur als Einnahmequelle, dass sich Fans und Verband die Hände reichen. Doch solange die UEFA ihre wie eine Gotteshand über die Menschen hält, wird das nicht passieren.