Die Wurzeln auf dem Prüfstand

Ingwer und Kurkuma – das Supermittel?

/ / Bild: M94.5 / Sandra Terme

Die Wurzeln von Ingwer und Kurkuma werden schon seit über 4000 Jahren als Heilmittel verwendet. Schon im Mittelalter sollten sie gegen Magen-Darm-Beschwerden und Erkältungen helfen. Heute werden Ingwer und Kurkuma als Superfood schlechthin angesehen undsollen gegen allerlei Beschwerden helfen. Der aktuelle Forschungsstand wird dabei eher selten berücksichtigt.

Es besteht geradezu ein Ingwer-Kurkuma-Hype: In Supermärkten sind teure Ingwershots zu kaufen und die Pharmaindustrie verpackt die Wurzeln in mundgerechte Kapseln. Auffallend ist dabei, dass auf den Verpackungen oft gar nicht angegeben ist, wogegen die Kapseln eigentlich helfen sollen. Trotzdem kursieren auf Social Media viele Gerüchte, wofür Ingwer und Kurkuma hilfreich sein sollen.

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Die Wurzeln auf dem Prüfstand

Bei Kurkuma soll die Wirkung besonders vom darin enthaltenen Curcumin ausgehen. Das ist auch für die intensive Farbe verantwortlich. Im Labor wurde bei Screenings untersucht, ob Curcumin gegen spezifische Krankheiten helfen kann. Dabei wurden erstaunlich viele vermeintlich positive Treffer generiert. Das heißt aber nicht, dass das Curcumin auch in einem lebenden Organismus so wirkt. Erst Studien am Menschen lassen auch eine Aussage über die Wirksamkeit im menschlichen Körper zu, wie auch Prof. Dr. med. Roman Huber, Leiter des Unizentrums Naturheilkunde im Universitätsklinikum in Freiburg, erklärt. Er warnt vor vorschnellen Trugschlüssen: „Curcumin ist einfach ein Stoff, der im Labor mit allem und jedem reagiert. Dadurch wird die Wirkung überschätzt. Dazu kommt noch, dass das Curcumin überhaupt nur in geringen Mengen im Kurkuma enthalten ist. Und das Curcumin wird vom Körper zusätzlich auch noch schlecht aufgenommen.“

Beim Ingwer sieht das anders aus: Anders als bei Curcumin werden die Scharfstoffe vom Körper gut aufgenommen und wirken unter anderem im Brechzentrum des Gehirns gegen Übelkeit. Für andere kursierende mögliche positive Wirkungen, z.B. eine antibiotische Wirkung im Körper, gibt es allerdings keine Nachweise.

Das können Inger und Kurkuma

Damit eine Substanz gegen Magen-Darm-Beschwerden hilft, muss der Stoff nicht im Blut aufgenommen werden. „In Studien ist belegt, dass Kurkuma an der Darmschleimhaut entzündungshemmend wirkt“, bestätigt Professor Huber und fügt hinzu: „Außerdem wirken Kurkuma und auch Ingwer verdauungsförderlich, also können sie Essen verträglicher machen.“

Die Wurzeln helfen also vor allem gegen Magen-Darm-Beschwerden und nicht direkt gegen eine Erkältung. „In Bezug auf Erkältungen ist es nur denkbar, dass Ingwer lokal als Schleimhautschutz dienen kann, wenn Bakterien beispielsweise im Rachenraum sitzen und Ingwer getrunken wird.“, so der Mediziner.

Prof. Dr. med. Roman Huber, Leiter des Unizentrum Naturheilkunde im Universitätsklinikum in Freiburg
Bild: Privat / Roman Huber

Gefahren der Wurzeln

Die Wurzeln können also positive Effekte erzielen – nach dem Motto „Mehr hilft mehr“ sollte hierbei aber nicht verfahren werden. Laut Prof. Dr. Huber zeigte sich in einer Studie, dass ein Gramm getrockneter Ingwer pro Tag optimal gegen Übelkeit half. Zwei Gramm Ingwer wirkten nicht besser. Von frischem Ingwer müsste mehr genommen werden, da dort viel mehr Wasser enthalten ist. Durch den Wasserentzug wirke eine kleine Menge getrockneter Ingwer intensiver. Aber egal welche Form des Ingwers: Wer zu viel zu sich nimmt, reizt seinen Magen und kann Bauchkrämpfe bekommen.

Nicht das Superfood, aber ein Superfood

Es stimmt also: Ingwer und Kurkuma können bestimmte Symptome lindern. Aber auch sie sind kein Mittel gegen jegliche Beschwerden. „Gegen eine Erkältung hilft Knoblauch wahrscheinlich besser“, sagt Prof. Dr. Huber. Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern weist in dem Zusammenhang noch auf ganz andere Faktoren hin: „Wir haben auch ein breites Spektrum an regionalen Superfoods“. Dazu zählt sie Beeren, Brokkoli, Petersilie und Bärlauch. „Auch der CO2-Ausstoß ist dabei viel geringer als bei Ingwer und Kurkuma. Die kommen in der Regel nämlich aus Asien und Südamerika“, gibt sie zu bedenken. Es muss also gar nicht immer etwas Besonderes von weit weg sein. Denn eigentlich wachsen schon viele wirkungsvolle Kräuter und Pflanzen direkt vor der Tür.