Kommentar

Grundeinkommen – Wann, wenn nicht jetzt?

/ / Bild: M94.5 / Nicole Albrecht

Kreative Menschen aus der Kunstbranche, Selbständige und viele andere Berufstätige werden durch die aktuelle Situation einen großen wirtschaftlichen Schaden haben. Olaf Scholz kündigte ein Milliardenpaket mit Hilfskrediten und Soforthilfen an. Warum es aber weitaus sinnvoller wäre, stattdessen jetzt die Chance zu ergreifen, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, kommentiert M94.5 Redakteur Imanuel Pedersen.

Viele Berufstätige, vor allem Selbständige, haben derzeit kaum bis kein Einkommen. Trotzdem laufen die Ausgaben für Miete, Nahrungsmittel und Versicherungen weiter. Die Hilfspakete, die die Bundesregierung für Unternehmer*innen und Selbstständigen jetzt auf den Weg gebracht hat, sind eine Hilfe, um nicht pleite zu gehen. Genauso sind zumindest die Hilfskredite aber auch eine offensichtlich mutlose Dreistigkeit des Staates, Betroffene in eine jahrelange wirtschaftliche Abhängigkeit zu zwingen. Außerdem sind die Kredite mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Den meisten Betroffenen bringen die Hilfspakete somit keine wirkliche Zukunftsperspektive.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen hingegen ist für die Empfänger unbürokratisch, theoretisch sehr schnell verfügbar, könnte die soziale Krise von Tausenden von Menschen verhindern und gleichzeitig die Kaufkraft des Einzelnen sichern. Die aktuelle Situation ist eine große Chance, vorübergehend das Grundeinkommen zu testen.

Langfristige Hilfe

Ein Grundeinkommen würde bedeuten, dass jede Bürgerin und jeder Bürger 1000 Euro im Monat zur Verfügung hat. Einfach so, ohne Gegenleistung. Die Frage nach der Finanzierung dieses Modells ist jetzt gleichzusetzen mit der Frage, wie viel der Staat ausgeben kann, um Unternehmern und Unternehmen über die Zeit der Einkommensausfälle zu helfen.

Diejenigen, die weiterhin genug verdienen und durch ein zusätzliches Einkommen von 1000 Euro jeden Monat mehr Steuern zahlen müssten, könnten Teile der staatlichen Mehrausgaben mindern. Ziel muss es sein, den vorübergehend Erwerbslosen eine Grundlage zu bieten, um ihre laufenden Kosten zu decken – und zwar langfristig. Auch Eltern, vor allem Mütter, würden durch ein Grundeinkommen unabhängiger. Und ihre Arbeit, die insbesondere bei Babys mehr als ein Fulltimejob darstellt, würde wenigstens insofern entlohnt werden, als dass die finanzielle Abhängigkeit von anderen geringer wird.

Ein Sicherheitsversprechen

Auch die Abhängigkeit Betroffener und Arbeitsloser vom jeweiligen Sachbearbeiter beim Arbeitsamt, verbunden mit der Frage, ob jemand Arbeitslosengeld erhält oder nicht, würde somit wegfallen. Auch der Verwaltungsaufwand von Hartz IV, dem Arbeitslosengeld für langfristig Beschäftigungslose, und die damit einhergehenden hohen Kosten könnten verringert werden. Drohenden steigenden Arbeitslosenzahlen könnte in der Krise unbürokratischer entgegengewirkt werden. Bei einem bedingungslosen Grundeinkommen könnte zudem die soziale Diffamierung „Hartz IV“ somit endlich abgeschafft werden.

Ein Grundeinkommen würde gleichzeitig für ein Grundauskommen sorgen und dabei gerade in Krisenzeiten helfen, die Miete, Versicherungen sowie die eigene Verpflegung stemmen zu können. Das Grundeinkommen als ein gegenseitiges Sicherheitsversprechen, eine Art Vertrauensvorschuss könnte in der jetzigen Zeit Existenzängste abfangen und wirkliche Solidarität fördern. Die Krise, die unterschiedlich hart trifft, würde weniger spalten. Langfristig würden Bedürftige mit geringem oder gar keinem Einkommen mehr verdienen, die anderen aber gleichzeitig auch nicht weniger. Wann, wenn nicht jetzt ist der richtige Zeitpunkt, etwas zu wagen und etwas Neues zu probieren? Denn momentan ist der Nutzen unwahrscheinlich höher als das Risiko. Die schwarze Null in Deutschland ist für den Moment Geschichte. Jetzt ist die beste Gelegenheit, etwas Neues zu wagen und die Gunst der Stunde zu nutzen.