Frieden in Syrien – Abschied aus Deutschland?
Seit dem Fall des syrischen Assad-Regimes verlassen mehr Syrer denn je Deutschland. Die Hoffnung auf ein neues Leben in Syrien ist da, eine Rückkehr jedoch risikobehaftet.
Ein Jahr ist es her, dass im Dezember 2024 das Assad-Regime in Syrien fiel. Die Gräueltaten des Diktators standen erst kürzlich im Zentrum medialer Aufmerksamkeit, als zahllose Bilder der Verbrechen Assads am eigenen Volk veröffentlicht wurden. Millionen Menschen waren vor diesem System geflohen, besonders nach Deutschland. Nun bemüht sich die Bevölkerung, Syrien wieder aufzubauen. Auch ehemals Geflüchtete kehren in ihre Heimat zurück.
Weniger Zuzüge, mehr Abwanderung aus Deutschland
Im September 2025 berichtete das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), von insgesamt einer Million Rückkehrern nach Syrien. Auch in Deutschland lebende Syrer entscheiden sich weiterhin für die Rückkehr.
Laut Statistischem Bundesamt zogen zwischen Januar und September 2025 mehr als 21.800 Syrer aus Deutschland weg; so viele wie noch nie. Gleichzeitig ging die Zahl der Zuzüge um 46,5 Prozent zurück – ebenfalls eine Rekordzahl.
In München beobachtete Dr. Falko Zemmrich kurz nach dem Fall des Regimes eine „kleine Welle“ an Anfragen auf Rückkehrunterstützung. Unter der Leitung von Dr. Zemmrich bietet das Büro für Rückkehrhilfen der Stadt München Beratungen und finanzielle Unterstützung für Menschen, die dauerhaft in ihre Herkunftsländer zurückkehren wollen.
Wie Dresden nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Menschen haben Hoffnung auf eine neue Zukunft. Endlich die Familie, die Heimat wiederzusehen. Dr. Sadiqu Al-Mousllie ist Vorstandsmitglied der syrischen Gemeinde in Deutschland. Er reiste direkt im Dezember 2024 nach Syrien. Für ihn war es ein „wundervolles Gefühl, wieder das Land sehen zu dürfen.“ Aber er war auch schockiert. Von der Zerstörung. Und von Aussagen in Deutschland.
„Viele Viertel sind komplett zerstört. Es ist wirklich mit Dresden nach dem Zweiten Weltkrieg zu vergleichen. Wohin sollen die Leute gehen? Das ist wirklich unmöglich. Wie Aussagen von Menschen, die jetzt in Deutschland wirklich laut werden und sagen, die Syrer müssen zurückgehen. Ich glaube, viele Syrer wollen zurück“, stellt Dr. Sadiqu Al-Mousllie klar.
Und wenn es in Syrien nicht klappt?
Eine umstrittene neue Regierung, wirtschaftliche Probleme, mangelnder Wohnraum. Die Herausforderungen in Syrien sind groß. Deshalb entscheiden sich bisher überwiegend Syrer mit einem deutschen Pass für einen Umzug. Fall es in Syrien nicht klappt. An das Büro für Rückkehrhilfen wenden aber sich nur Menschen ohne deutschen Pass. Dr. Falko Zemmrich ordnet ein:
„Die Menschen haben hier einen Aufenthalts- und einen Schutzstatus. Manche möchten aus verschiedenen Gründen aber darauf verzichten und nach Syrien zurückgehen. 45 Personen sind im Jahr 2025 aus München ausgereist. Aber im Verhältnis zu der Anzahl an Syrern, die in München wohnen, ist es eine geringe Zahl.“ Eine Rückkehr wäre für sie sehr schwer.
Veränderung für Syrien – und Deutschland
Dr. Al-Mousllie ist trotzdem überzeugt, dass zunehmend mehr Syrer in ihre Heimat zurückkehren wollen und werden. Er sieht die internationale Politik in der Verantwortung, hofft auf ausländische Investitionen und besonders eine Erlassung der Sanktionen. Und er betont einen Punkt, der leicht vergessen wird:
„Viele Syrer haben einen großen Beitrag in Deutschland geleistet. Mit mehr Rückkehrern nach Syrien werden wir natürlich auch manche Leute verlieren, die sehr positive Dinge für diese Gesellschaft tun.“
Dr. Al-Mousllie ist selbst im von Ärztemangel betroffenen deutschen Gesundheitssystem als Zahnarzt tätig. Was eine umfassende syrische Re-Migration für Deutschland bedeuten würde, ist eine Frage für die Zukunft.