Berufe hinter der Kamera

Die Regieassistenz

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In ihren 30 Jahren Filmerfahrung hat Regieassistentin Claudia Beewen bereits an der Produktion zahlreicher TV- und Kinospielfilme mitgewirkt, darunter auch am Oscar-prämierten Drama „Das Leben der Anderen“. Ihr Beruf – für sie die Erfüllung eines Traums.

Der ganze Bericht mit Claudia Beewen

Im Bewertungs- und Reflexionsprozess einer Filmproduktion sind es oft drei Seiten, auf die besonders Bezug genommen wird: Regisseur, (Drehbuch-) Autor und Schauspieler. Der Rest der Truppe wird gerne kurz und knapp unter der Rubrik Kamera- und Produktionsleute zusammengefasst. Dabei tummeln sich gerade hier die Mitwirkenden, die wesentlich an der Umsetzung eines Filmprojekts beteiligt sind: Tontechniker, Cutter, Szenenbildner, Scripter, Maskenbildner oder – die Regieassistenz. Dass sich dieser Beruf um weitaus mehr als die bloße Assistenz des Regisseurs „dreht“, sondern ein allumfassendes Verständnis der komplexen technischen und dramaturgischen Abläufe fordert, darüber spricht Regieassistentin Claudia Beween.

Der Weg zum Film

Mit einer Mutter als Schauspielerin und einem Vater als Produktionsleiter wurde Claudia Beewen die Liebe zum Film sozusagen in die Wiege gelegt. Ihre Filmlaufbahn beschreibt sie deshalb selbst als „stringenten, geraden Weg“. Dabei schwebte anfangs auch ihr die schillernde Version roter Teppiche und Glamour vor, allerdings war sie sich durch die Arbeit ihrer Eltern der Mühen und des Aufwands bewusst, der dahintersteckt. Für Außeneinsteiger geht der Filmeinstieg deshalb oft mit einer gewissen Ernüchterung einher. Ein Großteil der späteren Regieassistenten betrachtet das Berufsfeld nach einem abgeschlossenem Studium der Regie oder Theaterwissenschaften lediglich als kurze Zwischenstation auf dem Weg zum Regisseur – nicht so für Claudia Beewen: Die Regieassistenz stellt für sie das perfekte Mittel zwischen Kunst und Organisation dar, einen Beruf, der immer wieder ein „gutes, verantwortungsvolles, neues Spielfeld“ zu bieten hat.

Konkrete Arbeitsabläufe

Die andauernde Schwebe im Spannungsfeld zwischen Kunst und Organisation ist es auch, die den Beruf so vielfältig macht. Ideen, Kreativität und künstlerische Gestaltungsfreiheit treffen hier auf Planung, Organisation und kontinuierliche Rücksprachen mit dem gesamten Team. Die Arbeitsabläufe im Rahmen dieser gegensätzlichen Positionen teilen sich dabei in die Vorbereitungen auf den Dreh und die Arbeit am Set.

Die Organisationsabläufe zur Vorbereitung auf den Dreh sind für Claudia Beewen inzwischen zum Großteil Routinevorgänge. Steht beispielsweise im Drehbuch: „Thomas kommt zur Tür herein, macht sich einen Kaffee, setzt sich hin und liest die Zeitung“, ist es Aufgabe der Regieassistenz sich vorzustellen, wie lange diese Szene dauern wird. Aus diesen Ergebnissen wird im Anschluss der Drehplan erstellt und es werden Auszüge für jedes Kostüm, jede Maske und jeden special effect gemacht.

Die Arbeit an den überwiegend organisationslastigen Drehvorbereitungen findet ihren Ausgleich in der kreativen Umsetzung am Set. In Absprache mit dem Team muss nun situationsbedingt eine Art eigene Dramaturgie entwickelt werden, die die Arbeitsabläufe am Set koordiniert. Dabei ist es mit einem einfachen „Ruhe bitte!“ nicht getan. Je nachdem, wer noch woran arbeitet, muss ausreichend Zeit eingeplant werden. Wenn die Gespräche am Set allerdings ins Private abdriften, greift Claudia Beewen ein. Der typische Spruch beim Film lautet hier: „Worauf warten wir eigentlich?“

Komparsen- “Tricks” am Set

„Worauf warten wir eigentlich?“ – Dieser Spruch richtet sich nicht selten auch an die Komparsen, die die Hintergrundaktion einer Filmszene darstellen. Da es ihnen oft an schauspielerischer Erfahrung mangelt, können bestimmte “Tricks” am Set helfen. Laut Claudia Beewen ist es hilfreich, den Schauspielneulingen ein Bild zu vermitteln, das sie während des Drehs im Kopf behalten können und das ihnen so die schauspielerische Umsetzung erleichtert. Die Frage muss also lauten: „Was muss ich dem Komparsen sagen, damit er so natürlich wie möglich wirkt?“

Die Zusammenarbeit mit der Regie und die Grenzen beim Film

Regieassistenz – schon die Berufsbezeichnung lässt vermuten, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Regieassistenz besteht. „Assistenz“ leistet die Regieassistenz durch die Vermittlung der Visionen des Regisseurs in seinem Sinne. Als Basis gilt hier das Vorstellungsvermögen für eine szenische Auflösung. Logisch, dass jeder Regieassistent im Laufe der Zeit seinen ganz individuellen Lieblingsregisseur auserwählt. Auch Claudia Beewen erzählt, dass sich innerhalb ihrer 30-jährigen Berufstätigkeit Arbeitsgemeinschaften mit Regisseuren gebildet haben, die sie schon lange kennt oder mit denen sie schon öfter erfolgreich zusammengearbeitet hat.

Im Idealfall bietet eine solche Arbeitsgemeinschaft Raum für die Umsetzung von Vorstellungen beider Seiten. Im Zweifelsfall kann die Zusammenarbeit mit einem Regisseur aber auch zu erheblichen Einschränkungen in der Realisation eines Projekts führen. Das muss allerdings nicht immer negativ betrachtet werden. Laut Claudia Beewen sind Grenzen besonders an 14 bis 15 Stunden Arbeitstagen notwendig, um sich nicht in der künstlerischen Freiheit zu verlieren. Die Produktion auf Basis eines Drehbuchs und entlang eines Drehplans dient als eine Art roter Faden und schafft Eingrenzungen, durch die wiederum neue kreative Ideen entstehen, auf die man vielleicht sonst gar nicht gekommen wäre.

Der Beruf der Regieassistenz verlangt also technische, organisatorische und künstlerische Fertigkeiten und ist nur teilweise an die Arbeitsabläufe und Vorstellungen des Regisseurs gebunden. Die Bezeichnung „Assistenz“ bezieht sich lediglich auf einen kleinen Aufgabenbereich aus dem Tätigkeitsbereich eines Regieassistenten, der durch seine vielfältigen Einsatzbereiche aus keiner Filmproduktion wegzudenken ist! Na dann- “Bitte!”