M94.5 Filmkritik

Der Goldene Handschuh

/ / Bild: © Warner Bros. Entertainment

Deutschland, 1970. Über fünf Jahre lang sammelt Fritz Honka im Hamburger Kiez verwahrloste Frauen auf, um sie später in seiner Wohnung umzubringen. Mit dem Film “Der Goldene Handschuh” bringt Regisseur Fatih Akin jetzt die Geschichte des deutschen Serienmörders auf die Leinwand und ekelt ganz Deutschland.

Eine völlig heruntergekommene Wohnung in Hamburg. Die Tapeten sind vom Zigarettenrauch vergilbt, leere Schnapsgläser und Kornflaschen sammeln sich auf dem Wohnzimmertisch. Die Wand ist mit Bildern von nackten Frauen zugepflastert, auf dem dreckigen und verstaubten Sofa sitzen kleine Puppen. Auf dem Boden kniet ein Mann mit riesiger Hornbrille und einem entstellten Gesicht über einer Frauenleiche. Er stemmt sie auf eine blaue Mülltüte. Schnitt. Honka beginnt, den Kopf der Leiche abzusägen. Was der Zuschauer nicht sieht, aber die unerträglichen Geräusche (das Platzen jeder Vene, die er mit der Säge durchtrennt, und das langsam auf den Müllsack laufende Blut) reichen völlig aus, um das Bild im Kopf voller Grauen zu vervollständigen.

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Das ekelerregende Spiel mit dem Schockfaktor: Trailer zu Der Goldene Handschuh.

Die Mensch gewordene Schmuddelecke

Fatih Akin stellt in Der Goldene Handschuh das grauenhafte Werk eines einzelnen Mannes dar. Zeigt seine Vorgehensweise, seine kläglichen Versuche, nach ungefähr zwei Litern Fanta-Korn in seiner Stammkneipe “Zum Goldenen Handschuh” Frauen anzusprechen und mit einem spendierten Schnaps zu überzeugen. Übrig bleiben immer nur die verwahrlosten Bargäste, die froh sind, für eine Nacht ein Dach über dem Kopf zu haben. Ahnungslos, was Honka mit ihnen in der Wohnung anstellt. Ahnungslos, dass sie wahrscheinlich nicht mehr lebend aus dieser herauskommen. Fatih Akin beruft sich auf Heinz Strunks Buchvorlage Der Goldene Handschuh, verweigert aber anders als Strunk biographische Verweise, möchte den psychologischen Motiven Honkas keinen Raum geben.

Dassler gewinnt

Getragen wird die Figur Fritz Honka dabei vor allem von Jungschauspieler Jonas Dassler. Der 23-jährige Shootingstar überzeugt mit einem gekonnten sächsischen Akzent und einer eingefallenen Statur und die aufgetragene Maske fällt kaum auf. Die von ihm abverlangten Szenen, wie Masturbation, Nacktheit oder eben extreme Gewalt gegenüber den Frauen, wirken authentisch und unterstützen die Figur Fritz Honka nur in ihrer Widerwärtigkeit.

Zum Lachen dieser Mörder

Akin schneidet die Gewalt nur an, zeigt die Morde und die sexuelle Gewalt an Honkas Opfern nur aus Teilperspektiven. An Ekel nimmt das aber wenig. Zu offensichtlich sind die Bilder von Honka mit Würstchen und Kochlöffel in der Hand, die dem Opfer in den Hintern geschoben werden, zu detailliert die eingepackten Körperteile, die in die Dachkammer geschoben werden. Der Goldene Handschuh gleicht einem Horrorfilm. Ein Horrorfilm, der oft den Bezug zu der realen Tat verliert. Die Zuschauer lachen über Honkas Anmachversuche, seine absurden Gelüste und teilweise auch über die Morde.

“Der Goldene Handschuh” ist ab 21. Februar 2019 im Kino zu sehen.