Kommentar

Live-Action-Remake? Nicht schon wieder!

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Ein Kommentar von Megan Kreileder-Willis

Der Fokus in der Filmbranche auf Live-Action Remakes und Franchises verhindert, dass neue, originelle Geschichten ins Kino kommen – langfristig schadet das der Vielfalt. Ein Kommentar von Megan Kreileder-Willis.

Am 22. Mai bringt Disney einen weiteren Klassiker neuverfilmt in die deutschen Kinos: es handelt sich um “Lilo & Stitch”. Auch DreamWorks zieht nach: die Realverfilmung des beliebten “Drachenzähmen leicht gemacht” folgt nächste Woche. Über die letzten 15 Jahre lässt sich in der Filmbranche ein klarer Trend erkennen: weniger originelle Geschichten, mehr Fokus auf Remakes und Franchises. Doch warum setzen die Filmstudios alles auf diese Karte?

MONEY, MONEY, MONEY

Die Antwort liegt unter anderem, wie bei so vielem, in der Geldbörse. Die sogenannten “Live Action Remakes” scheinen für die Studios die deutlich sicherere Einnahmequelle zu sein:  wer ins Kino geht, möchte auch gut unterhalten werden. Die Chance, dass dies gelingt, ist bei bekannten oder vertrauten Geschichten bedeutend höher. Kinobesucher:innen vertrauen also lieber auf die “Sicherheit” eines Remakes – und die Produktionen verkaufen sich vermeintlich als Selbstläufer.  

KEINE FRANCHISE? KEIN PROBELM!

Was dabei schnell übersehen wird: Durch Remakes gehen vor allem die Möglichkeit und der Antrieb verloren, neue, eigenständige Geschichten zu produzieren. Am Ende leidet die Vielfalt. Dabei können neue Geschichten ebenso kommerziell erfolgreich sein. Der Film “Elemental” von 2023 wurde von Analysten als sogenannter “Sleeper Hit” bezeichnet, da die Einnahmen am Eröffnungswochenende eher mau aussahen, im Laufe der Wochen jedoch an Fahrt aufnahmen. Heute gilt die “opposites attract”-Liebesgeschichte als erfolgreicher Standalone-Film.  Strenger Fokus auf die sicheren Einnahmen verhindert häufig, dass genau solche neuen, originellen Geschichten in die Kinos kommen.  

REALVERFILMUNG? NICHT SCHON WIEDER!

Trotzdem wächst die Anzahl der Remakes und Franchises immer weiter. Dabei schrumpft auch der zeitliche Abstand zu den Originalen. Wer sich die Releases für die kommenden Jahre bei Disney ansieht, wird vor allem auf viele vertraute Namen stoßen. Allen voran die Realverfilmung von “Vaiana”, die 2026 in die Kinos kommen soll. Die ursprüngliche Geschichte über das Mädchen von einer pazifischen Insel, das seinen eigenen Weg finden möchte, kam 2016 sehr gut an. Natürlich wirft dies die Frage auf: muss ein Animationsfilm wirklich zehn Jahre nach seinem Erscheinen neu verfilmt werden?  

GLEICHE GESCHICHTE, NEUE DETAILS

Sicher können Neuverfilmungen eine gute Gelegenheit sein, etwas aus der Mode gekommene Handlungsstränge oder Charaktere anzupassen. Nach einer Spanne von nur zehn Jahren ist allerdings fraglich, ob dies überhaupt schon notwendig ist. Zwischen dem “Cinderella” Live-Action Remake von 2015 und dem Original aus dem Jahr 1950 lagen immerhin 65 Jahre. In der Neuverfilmung schafften es die Filmemacher, Cinderellas Beziehung mit dem Prinzen auszubauen, damit die Begegnung beim Ball nicht das erste Aufeinandertreffen war. Die Liebesgeschichte wurde dadurch realistischer und erhielt trotzdem den romantischen Zauber des Originals.  

AUFARBEITUNG? FEHLANZEIGE

Diesen Schritt schafft das bereits erwähnte Remake von “Lilo & Stitch” nicht. Die Verfilmung ist zwar ein toller Familienfilm, in dem die echte Landschaft von Hawaii perfekt zur Geltung kommt – neue Gedanken wurden hier jedoch nicht eingebracht.  Die Probleme, die auf Hawaii von Massentourismus versursacht werden, wurden im Original angedeutet, in der Realverfilmung hätte man diese Thematik ausbauen können – leider Fehlanzeige.  

WER NICHT WAGT, DER NICHT GEWINNT

Wenn sich also die Studios nur noch auf Remakes fokussieren, werden Standalones vielleicht gar nicht mehr produziert, weil das finanzielle Risiko als zu hoch eingestuft wird. Wer mit seinen Filmen nur Geld verdienen möchte, wird nie provokante oder politisch relevante Themen in seine Handlung aufnehmen, weil er immer die Missgunst des Publikums fürchten muss. Wer nur altbekannte, erprobte Geschichten verfilmt, ohne sie an das jetzige Zeitalter anzupassen, verliert irgendwann den Kontakt zum Publikum. Und für eine moderne, vielfältige Kinolandschaft braucht es auch Filmschaffende, die nicht nur Zahlen im Kopf haben. 

REALVERFILMUNG – AUS DIE MAUS?

Vielleicht endet der Siegeszug der Live-Action Verfilmungen aber bald. Auch der Franchises, Remakes und Sequels kann man müde werden – eine wahre “Live-Action Fatigue” macht sich bemerkbar. Disney’s letzte große Realverfilmung (“Schneewittchen”) war ein massiver finanzieller Verlust für das Studio, der auch sehr viel negative Presse mit sich brachte. Laut dem “Hollywood Reporter”, der sich auf Studio-Insider beruft, wurde die nächste geplante Realverfilmung, „Rapunzel neu verföhnt“, auf unbestimmte Zeit pausiert. Disney zieht also Konsequenzen aus dem Misserfolg von “Schneewittchen” – und wer weiß, vielleicht stehen ab jetzt wieder originelle Geschichten im Mittelpunkt, die ohne zig Fortsetzungen auskommen.