Dance 2019

A Quiet Evening Of Dance

/ / Bild: Bill Cooper

Tanz ist viel mehr als nur Musik; Tanz bildet unsere Zeit ab. Das zeigt Williams Forsythes Choreographie „A Quiet Evening Of Dance“. Eine Amalgamie von klassischem und modernen Tanz. Irritierend reduktionistisch und am Ende doch gut.

Das Gefühl, das bei William Forsythes „A Quiet Evening Of Dance“ entsteht, ist nicht einfach zu beschreiben. Vielleicht weil es so wenig und dann doch so viel ist. Zweiergruppen an Tänzern bestreiten den im wahrsten Sinne des Wortes ‚stillen‘ ersten Akt des Stücks, in dem Musik – eigentlich doch ein elementarer Teil des Tanzes – kaum eine Rolle spielt. Stattdessen hört man fast meditatives Vogelgezwitscher oder ein extrem reduziertes Klavierspiel. Die Tänzer in schlichter, schwarzer Kleidung mit unterschiedlichfarbenen, oberarmlangen Handschuhen bewegen sich teilweise radikal reduziert: Hände, Arme, Füße, Beine, der Blick erscheinen fast isoliert; sie rotieren, schlängeln sich und stoppen abrupt in einem immer wieder variierten Rhythmus. Die Tänzer agieren einzeln, individuell und doch kommunizieren ihre Bewegungen stets miteinander. Nicht die Musik, sondern der Rhythmus bestimmt den Körper. Man hört den Atem und die Tanzschuhe quietschen und verbindet sich auf seltsam meditative Art mit den Körpern der Tänzer. Das Gefühl dabei ist nicht immer nur angenehm. Reduktion konfrontiert und zeigt doch das Wesentliche!

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Klassischer und moderner Tanz

Der in New York geborene William Forsythe gilt als ein Wegbereiter der modernen Umorientierung des klassischen Tanzes. Nach der Leitung des Frankfurter Balletts, führte er von 2005 bis 2015 sein eigenes Ensemble an. Für „A Quiet Evening Of Dance“ versammelt er 7 seiner engsten ehemaligen Tänzer, deren tänzerischer Hintergrund verschieden ist. Ihr Tanz ist sehr divers: von klassischem Ballett, über lateinamerikanischen Tanz über Street Dance zu Break-Dance werden verschiedene Elemente anzitiert und doch nie ganz ausgeführt. Im zweiten Akt verbinden sich die Paare und damit ihre Stile und reduktionistischen Bewegungen immer mehr zu einer Einheit. Vielmehr als um die unterschiedlichen Genres, scheint es jedoch um die Frage nach der Form eines Tanzes unserer Gegenwart zu gehen. So entsteht eine Amalgamie von klassischer Balletttradition und modernem Tanz des 21. Jahrhunderts. Jetzt spielt auch die Musik wieder eine Rolle! Barocke Menuettmusik von Philipp Rameau erinnert an die gesellschaftsbildende Wirkung von Tanz und so erscheint William Forsythes Choreographie als aktueller Spiegel unserer Gesellschaft: vereinzelt, divers, spannungsreich, reduziert, irritierend, ernüchternd, streckenweise komisch und entartet und doch in ihrem Spannungspotential eine Einheit bildend. Ein irgendwie irritierender, doch ungemein intensiver und in Richtung Ende vor allem begeisternder Tanzabend!