©Filmschoolfest Munich

Filmschoolfest 2021!

Filmschoolfest in der Filmhochschule

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Es steht wieder an: das Filmschoolfest der Kurzfilme und Nachwuchs-Regisseure bei uns vor der Haustüre. Der kleine Bruder des Filmfests beginnt am Sonntag und verwandelt diesmal die Filmhochschule zum Zentrum des Festivals und das dieses Jahr zum 40. Mal! Welche Filme es dabei so zu sehen gibt und ob diese sich lohnen – das weiß die M94.5-Kinoredaktion bereits jetzt schon.

FISH LIKE US (ÖSTERREICH)

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Trailer zum Film FISH LIKE US von Raphaela Schmid.

Abends im Chinarestaurant. Unhöfliche Gäste, mürrische Kellnerin und ein quengelndes Kind. Mitten drinnen sitzen zwei schweigende Geschwister und versuchen den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten. Ratlosigkeit und Abwesenheit ziehen sich anfangs durch das Gespräch der beiden. Der Bruder Jona ignoriert abweisend die Fragen seiner besorgten Schwester und hört stattdessen den anderen Gästen zu. Schnell entwickeln sich kindliche Streitigkeiten und gegenseitigen Beschuldigungen.

Obwohl der Film sensible Motive behandelt, ist die Stimmung nicht traurig, eher nostalgisch und melancholisch. Dieses Gefühl wird nicht nur durch die krisselige Kamera erweckt, sondern auch durch den kalt-warm Kontrast der Farbpalette. Besonders gelungen ist auch der immer wieder abschweifende Ton von dem Gespräch der Geschwister zu dem, der anderen Gäste im Restaurant. So versetzen sich sie Zuschauer:innen in die Lage des trauernden Sohnes, der seinen Schuldgefühlen ausweichen möchte. Menschlich, nachvollziehbar und gar humorvoll setzt die österreichische Regisseurin Raphaela Schmid den Umgang mit Schuld und Trauer in Szene. /sj

MUST BE PAINFUL (TSCHECHIEN)

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Trailer zum Film MUST BE PAINFUL von David Semler.

Als Danny und sein spanischer Freund ihren Zug verpassen, finden sie Unterschlupf in einem kleinen Bahnhofshäuschen, das sie sich mit einem tschechischen Pärchen teilen müssen. Was diese nicht wissen – Danny selbst ist kein Spanier, sondern Tscheche, und versteht jede kleine Stichelei gegen ihn und seinen Partner. Als der Frau in einer homophoben Bemerkung der Filmtitel über die Lippen kommt – „must be painful“ – beginnt die Situation allmählich zu eskalieren und führt schließlich zu einem Streit zwischen beiden Pärchen, der für niemanden schön endet.

David Semlers Regiedebüt, in dem er die Rolle von Danny einnimmt, ist auf der Leinwand genauso unangenehm, wie die Beschreibung bereits klingt. 15 Minuten dunkler, enger Nahaufnahmen ohne musikalische Untermalung – ausgenommen der Credits – zwingen uns fast dazu, uns zu den Figuren auf die Holzbänke zu gesellen und zu hoffen, dass der Zug doch endlich kommt.

Als kleiner Ausflug in die traurige Welt alltäglicher Homophobie, hat der Film doch Platz für Spaß und serviert einen Mix aus Frust, Schadenfreude und Fremdscham. Dabei füllt er seine Laufzeit wechselnd mit Dialog und Stille genau so, dass einem dabei nicht langweilig werden kann. /sb

WHY DIDN’T YOU STAY FOR ME? (NIEDERLANDE)

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Trailer zum Film WHY DIDN’T YOU WAIT FOR ME? von Milou Grevers.

Die Kurz-Doku von Regisseurin Milou Gevers ist höchst persönlich und sehr intim – zuweilen womöglich sogar zu intim. Denn sie spricht mit vier Kindern (10-13 Jahre alt), die einen Elternteil durch Suizid verloren haben, und stellt ihnen Fragen, „die sonst niemand stellt“. Berechtigt dazu sieht Gevers sich dadurch, dass sie selbst Betroffene ist. So entlockt sie den Kindern traurige, berührende, oft auch schockierende Aussagen (etwa wenn sie nach der Selbstmordmethode fragt), überschreitet dabei aber auch Grenzen, die womöglich gar nicht überschritten werden sollten. Wären solcherlei Gespräche nicht besser in einem geschützten therapeutischen Rahmen statt vor der Kamera verortet?

Um ihren eigenen Erfahrungen Rechnung zu tragen und sich als „eine von ihnen“ zu markieren, verwebt Gevers die Interview-Ausschnitte mit Stop-Motion-Animation. In diesen Szenen besucht sie, stellvertretend für und gemeinsam mit den Kindern, den „Ärgerwald“, den „Tränenwasserfall“ oder das „Nest der Erinnerungen“. Wenn sie darüber spricht, wie zurückgelassen sie sich nach dem Suizid ihrer Mutter fühlte, ist das nachvollziehbar genug. Brauchte es darüber hinaus wirklich weinende Kinder und manipulative Musikuntermalung? Eine bewegende halbe Stunde, die vielmehr aufwühlt, als aufklärt. /nc

PAPAPA (NORWEGEN)

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Trailer zum Film PAPAPA von Kerren Lumer-Klabbers.

Beinahe erinnert Papapa an ein Szenario aus der Anthologie-Serie Black Mirror: Eine junge Frau trifft am Flughafen zum ersten Mal ihren biologischen Vater, die Szene ist emotional, die Musik schwillt an – bis eine angenehme Stimme aus Lautsprechern fragt, ob Tochter und Vater es nicht noch einmal probieren wollen, „Wiederholung kann helfen“. Denn der Flughafen ist fake und die Zusammenkunft lediglich Teil einer experimentellen Therapie. Die soll den beiden helfen, sich in ihre neue Familienbeziehung hineinzufinden.

Mit geringen Mitteln schafft Regisseurin Kerren Lumer-Klabbers eine glaubhafte und doch unwirkliche Welt. Der Therapie-Komplex wirkt durch karge Einrichtung und ganz bewusst platzierte Werbematerialien wie reine Kulisse, denn mehr als das ist er nicht. In dieser künstlichen Umgebung scheint die Annäherung zwischen Tochter und Vater von vornherein zum Scheitern verurteilt. Emotionaler Anker für das Publikum ist hier allem voran Anna Filippa Hjärne, die überzeugend die Ambivalenz der Tochter verkörpert: Sie sehnt sich nach väterlicher Geborgenheit und erlebt die erzwungene Nähe doch zugleich als befremdlich. Wenn schließlich der Abspann beginnt, ist es fast schade, dass Papapa keine ganze Black Mirror Episode füllt – gerne hätte man von dieser Beziehung mehr gesehen. Der Kurzfilm war 2020 für einen Studenten-Oscar nominiert. /nc

NICHT ZU NAH! (DEUTSCHLAND)

Christian sucht während der Coronapandemie Ruhe und Einsamkeit in den Bergen. Sein Plan geht jedoch nicht ganz auf, denn er trifft auf Pauline, die sich zu allem Überfluss beim Wandern auch noch den Fuß verletzt. Der übervorsichtige Christian wird gezwungen ihr zu helfen, doch Nicht zu Nah! – denn die vorschriftsgemäßen 1,5m Sicherheitsabstand müssen für seinen Seelenfrieden konsequent eingehalten werden und auch die obligatorische FFP2 Maske wird natürlich auf dem Berg getragen.

Der Film von Christian Sütter ist eine Corona-Liebesgeschichte, die es weiß, mit der nötigen Prise Humor und schönen Landschaftsbildern zu überzeugen. Dabei schaffen es die beiden Hauptdarsteller:innen Damian Thüne und Alina Stiegler, dass man sich nur zu gut in ihre Figuren hineinversetzen kann, was einige wirklich komische Momente hervorbringt. Am Ende wird man den Film mit einem guten Gefühl verlassen, auch wenn die abschließende Auflösung der Geschichte leider etwas gezwungen wirkt. /tf

KANYA (TSCHECHIEN)

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Trailer zum Film Kanya von Apoorva Satish.

Das Wasser ist ihr Element – Kanya ist die erfolgreiche Schwimmerin einer indischen Familie, die an einem Wettkampf teilnehmen will. Doch das Leben grätscht dazwischen, als Kanya ihre Periode bekommt. Ihre Mutter besteht darauf, dass sie statt dem Wettkampf an einem indischen Ritual teilnimmt.

Dieser Moment, als junges Mädchen zum ersten Mal die Periode zu bekommen – wie fühlt sich das eigentlich an? Mit eindringlichen Nahaufnahmen begleitet der Film durch Kanyas Innenleben. Die Friedlichkeit des Wassers, dargestellt in Zeitlupe, steht im Kontrast zur Farbe Rot, die in ihrer ständigen Präsenz bedrohlich wirkt. Regisseurin Apoorva Satish gelingt es, einen Einblick in die indische Tradition zu geben, ohne wertend zu sein. Stattdessen stehen die weibliche Identität und die Rolle der Frau als zentrale Themen im Mittelpunkt. Und einmal mehr stellt sich die Frage: Sollte sich Kanya glücklich schätzen, eine Frau zu sein? /lp

REFEEL (ISRAEL)

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Der Trailer zum israelischen Kurzfilm Refeel.

Für ihren sechsten Jahrestag hat sich Dekel etwas Besonderes für seinen Partner Neri überlegt: er möchte mit ihm eine glückliche, gemeinsame Erinnerung nochmal erleben. Eine Droge macht es möglich. Mit ihr kann man in die Vergangenheit reisen und wieder ganz in die Situation von damals eintauchen. Neri zögert zunächst und lässt sich dann doch überreden. Doch die gemeinsame Nacht, in der das Paar ein sexuelles Erlebnis mit einem dritten Mann hatte, weckt bei Neri unangenehme Gefühle.

Regisseur Omer Harel schafft es innerhalb von 19 Minuten viel über Paardynamik, Grenzüberschreitung und subjektives Erleben und Erinnern zu erzählen. In Rosa und Türkis gefärbten Bildern zeigt er den Trip in die Vergangenheit, der für Neri augenöffnend ist. Denn Denkel missachtet konsequent die Bedürfnisse seines Partners, was er selbst jedoch ganz anders wahrnimmt. Perspektivisch bleibt die Kamera nah an Neri, nimmt die Zuschauer:in in seine Gefühlswelt mit und lässt sie nach und nach ahnen, welches Trauma bisher in ihm verborgen war. /jr

GOOD GERMAN WORK (DEUTSCHLAND)

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Trailer zum Film Good German Work

Ein gewöhnlicher Arbeitstag in einer Werkstatt irgendwo auf dem Brandenburger Land: Die Handwerker:innen Uli und Didi schmirgeln und schneiden an Holzteilen herum, nebenbei führen sie belanglose Plaudereien über die englische Sprache und ehemalige Lehrer:innen. Als Uli fertig ist, hält er prüfend ein hölzernes Hakenkreuz hoch und fragt Didi „Passt?“

Jannis Alexander Kiefer spielt geschickt mit den Erwartungen, lässt in den ersten Minuten verschiedene Szenarien offen, die sich hier abspielen könnten. Neonazis? Eine Reise in die Vergangenheit? Nach einigen Minuten wird klar, dass es sich um Requisiten für einen Historienfilm handelt. Mit wenigen, eher minimalistisch gehaltenen Einstellungen zeigt Kiefer fast schon gemächlich die bizarre Diskrepanz zwischen Realität und Film. Die Nonchalance mit der die Nazi – und Kriegsthematik behandelt wird, ist zugleich absurd und unbehaglich. Als Didi schließlich stolz ihr nachgebautes Krematorium mit den Worten „Good German Work!“ präsentiert, weiß man nicht genau, ob man hier jetzt lachen oder weinen soll. /jm