Kommentar

Die Sonderregeln bei der BaFin

/ / Hauptgebäude der Bafin in Bonn. © BaFin

Die Auswüchse des Wirecard-Skandals haben offen gezeigt, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin zwölf Jahre nach der Bankenkrise immer noch nicht so neutral und effektiv arbeitet, wie sie eigentlich sollte. Ein Kommentar von M94.5-Reporterin Stefanie Haas.

Den Mitarbeiter*innen der Behörde ist es seit Anfang Oktober nicht mehr erlaubt, mit Wertpapieren von Unternehmen, die sie beaufsichtigen, zu handeln. Anlass der Regelung war, dass im Zuge von Untersuchungen zu Wirecard der Handel von Aktien durch Mitarbeiter*innen der BaFin bekannt wurde. Besonders pikant ist die Situation jedoch, weil ein Großteil dieser privaten Geschäfte in der ersten Jahreshälfte auf Wirecard-Aktien fiel. Denn in genau diesem Zeitraum häuften sich die Vorwürfe gegen das Unternehmen. Die Glaubwürdigkeit einer Finanzaufsichtsbehörde ist damit stark beschädigt.

Fragwürdige Standards

Die Tatsache, dass den Mitarbeiter*innen solche Geschäfte überhaupt erlaubt waren, ist durchaus verblüffend. Selbstverständlich sollte es auch den knapp 2.600 Mitarbeiter*innen der BaFin möglich sein, ihr Vermögen oder ihre Altersvorsorge durch Wertpapierhandel aufzustocken. Aber Papiere von Unternehmen, die unter deren Aufsicht stehen, sollten davon ausgenommen sein. Denn das ist ein ganz klarer Interessenskonflikt und nicht zuletzt auch unter Umständen Insiderhandel, also strafbar.

Die BaFin selbst verwies zunächst darauf, dass solche Geschäfte nach Genehmigung eines Vorgesetzten legal seien. Und überhaupt, es gebe ja Mechanismen, die verhinderten, dass es zu Insiderhandel käme: So würden Mitarbeiter, die entsprechende Unternehmen nicht beaufsichtigten, auch keinen Zugang zu relevanten Informationen erhalten. Ob diese Mechanismen bei 2.600 Mitarbeiter*innen greifen, die sich untereinander kennen und – wie an jedem anderen Arbeitsplatz üblich – austauschen, ist fraglich. Wertpapiere von Unternehmen, die beispielsweise der Europäischen Zentralbank unterliegen, dürfen von deren Mitarbeitern nicht gehandelt werden. Warum für die BaFin also andere Standards galten, bleibt unklar. Die notwendige Transparenz ist hier einfach nicht geboten.

Das Gebäude der Wertpapieraufsicht in Frankfurt am Main. © Kai Hartmann Photography / BaFin

Selbstauferlegte Fesseln

Die eingeschränkte Handlungsfähigkeit wurde von der Behörde auch in diesem Fall als Rechtfertigung herangezogen. Schließlich sei man nicht mit den gleichen Kompetenzen wie Strafverfolgungsbehörden ausgestattet, was ein schnelles und effektives Eingreifen schon mal erschweren könne. Und das stimmt: Stattdessen ist die BaFin darauf angewiesen, nach Prüfungsverfahren Ergebnisse an die zuständige Staatsanwaltschaft zu tragen, damit Ermittlungen eingeleitet werden. Doch dieses Argument kommt praktischerweise immer dann auf, wenn der BaFin mangelndes oder verspätetes Handeln vorgeworfen wird. Bei einer so wichtigen Kontrollinstanz kann das nicht die Legitimation für Verzögerungen sein und im schlimmsten Fall zu großen Vertrauensbrüchen führen.

Mittlerweile scheint es aber genug Gründe für eine Reform zu geben. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verkündete jüngst einen Aktionsplan, welcher der Behörde dann mehr Möglichkeiten einräumen soll, um kriminelle Handlungen zu untersuchen. Wird sein Vorschlag angenommen, könnte die BaFin also endlich doch noch bissig gegen Unzulänglichkeiten auf den deutschen Märkten vorgehen.