Filmklassiker der Woche

Nikita

/ / Bild: © Studiocanal

Luc Bessons Action-Thriller von 1990 erfüllt diese Genre-Bezeichnung voll und ganz: Es geht um Geheimdienst-Operationen und Auftragsmorde für die französische Regierung, und wer den Kill-Count des Films in ein Trinkspiel übersetzt, bringt die eigene Leber in akute Gefahr. Und doch ist dieser Film anders: menschlich, sensibel und poetisch. Seinerzeit von den Kritiker*innen missverstanden, ist Nikita heute umso sehenswerter.

Nikita (Anne Parillaud) ist drogensüchtig. Als sie eines Nachts mit ihren Freund*innen auf der Suche nach Nachschub eine Pariser Apotheke ausraubt, tötet sie in der folgenden Schießerei einen Polizisten. Als einzige Überlebende wird sie dafür zu lebenslänglicher Haft verurteilt. So weit, so krass, so gut.

Dann allerdings wird ihr im Gefängnis ein unbekanntes Mittel gespritzt und als sie aufwacht, werden ihr Fotos von ihrer eigenen Beerdigung gezeigt. Der Deal, der ihr vom französischen Geheimdienst vorgeschlagen wird, ist simpel: entweder “dem Staat dienen” oder sie wird wirklich beerdigt. In den nächsten Monaten wird aus dem Junkie eine eiskalte Killerin geformt.

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Training ohne Rücksicht auf Verluste: Nikita wird zur Killerin geformt.

“Cinéma du look”

Optisch wie auch handlungstechnisch wirkt vieles in Nikita unwirklich und fast surreal. Das Licht ist in vielen Szenen unnatürlich gefärbt. Die ausgewählten Schauplätze sind oft geradezu postkartenhaft. Der Geheimdienstkomplex im Stile eines Großraumbüros mitten in der Stadt wirkt grotesk und die in den Kampfszenen verwendeten Waffen sind fast immer eine Nummer zu groß, zu sauber, zu teuer. Dazu wirken die Szenen durch die opulenten Pariser Schauplätze fast bühnenhaft. Das Geniale ist: All das stört beim Sehen des Films überhaupt nicht. Der Eindruck wirkt und zieht Zuschauer*innen sogartig sofort in die Situation.

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Opulente Schauplätze: Nikita wirkt stellenweise unwirklich und surreal.

Intensiv und unverdünnt

Maßgeblich dabei ist die schauspielerische Leistung von Anne Parillaud. Sie gibt Nikita die nötige Authentizität, die zum Einen die Darstellung (und damit die gesamte Handlung) glaubhaft macht und zum Anderen eine enge Verbindung zwischen Zuschauer*in und Rolle herstellt. Nikita ist als naturwüchsiger Charakter, als eine Mischung aus Kind und Tier sofort sympathisch und lässt einen mit ihr all die lebensbedrohlichen Situationen, in die sie gezwungen wird, empathisch miterleben.
Damit fügt sich die gesammte Aufmachung des Films als ihr emotionaler Sinneseindruck sinnvoll zusammen; der Film zeigt, was Nikita fühlt.

Nikita ist nicht zuletzt wegen Jean Renos Rolle als Auftragskiller quasi als europäische Vorahnung von Luc Bessons Leon der Profi zu sehen, der nur vier Jahre später erschien: Seinerzeit als krass und unrealistisch empfunden, sind beide Filme in ihrer Geschichte zeitlos und hervorragend gealtert.

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