radikal jung 2019

[50/50] old school animation

/ / © Volkstheater

In dem Stück “[50/50] old school animation” geht es um die Themen Grausamkeit, Gewalt und Misogynie. Unter der Leitung des New Yorker Regie-Duos Peter Mills Weiss und Julia Mounsey werden zwei schwer verdauliche Monologe inszeniert, die beim radikal jung Festival das erste Mal auf einer deutschen Bühne gezeigt werden.

In der New York Times wurde über [50/50 old school animation] geschrieben: “… give them 50 minutes and they’ll take a year off your life.” Das kurze Stück dauert wirlich nur 50 Minuten, doch es fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Es geht um den Verrat zwischen zwei Freundinnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und eine grundlegend andere Einstellung zum Leben haben. Die beiden jungen Schauspielerinnen fesseln das Publikum mit ihren Auftritten auf ihre besondere Weise. Während des Stücks wünscht sich der ein oder andere aber sicherlich nichts sehnlicher, als von den Sesseln aufzuspringen und zu gehen.

Trifft bis ins Mark

Zunächst steht Julia Mounsey auf der Bühne. Eindringlich schaut sie in den Zuschauerraum und lässt weder mit ihrem Blick, noch mit dem was sie sagt zu, dass die Aufmerksamkeit auch nur eine Sekunde von ihr weicht. Ihr Gesicht verzieht sich kaum, bleibt während der gesamten 20 Minuten Monolog fast ausdruckslos. Auch ihre Stimme ist monoton, es fühlt sich nicht an als würde sie spielen – viel zu real klingt alles was aus ihrem Mund kommt. Sie spricht von Selbsthass und der Natur des Bösen. Was sind Menschen fähig anderen anzutun? Ist es nicht die Gesellschaft in der wir leben, die uns dazu bringt kaum noch Empathie zu fühlen?

Julia Mounsey fragt nach den Abgründen des Menschseins © Maria Baranova

Mo Fry Pasic ist im zweiten Teil des Stücks allein auf der Bühne zu sehen. Sie hält den zweiten Monolog und tritt als das krasse Gegenteil von Julia Mounsey auf. Sie wirkt wie das personifizierte Symptom unserer kurzlebigen und hypernervösen Gegenwart. Im Gegegnsatz zu Mounsey setzt sie sich nicht mit ihren Abgründen auseinander, sie verdrängt sie. Das geschieht durch pausenloses Reden, das Springen von einem Flirt zum Anderen und exzessiven Alkoholkonsum. Sie schaut den ZuschauerInnen nicht in die Augen und obwohl sie bestens vernetzt zu sein scheint, wirkt sie einsam. Selbst ihr Haustier ist ein Kanarienvogel, der nur auf einem Bildschirm existiert.

Immer auf 180

Während Mounsey einem Angst macht, wirkt Mo Fry Pasic wie ein überdrehter Roboter. So abstoßend beide Performances wirken mögen, so zeigen sie beide überspitzte Charaktere, die uns auf verschiedenste Weise täglich im Alltag begegnen. Das Stück lässt einen mit dem unguten Gefühl zurück gerade ganz genau gefühlt zu haben, was man sonst geflissentlich verdrängt. [50/50 old school animation] zeigt: Mit der heutigen digitalisierten und leistungsorientierten Gesellschaft stimmt Vieles nicht. Sie scheint ihre Menschlichkeit verloren zu haben.

Was übrig bleibt

Eines zeigen die zwei voneinander getrennten Monologe ganz deutlich: zwischen den jungen Frauen wurde jede Verbindung gekappt und es müsste einiges passieren um sie wieder zusammenführen zu können. Am Ende bleibt die Frage bestehen: Wollen wir in einer solch künstlichen und gefühllosen Welt leben und was können wir tun um sie wieder menschlicher zu machen? Die Antworten liefert das Stück nicht, aber es regt zum Pausieren und zur Reflektion an.

„[50/50] old school animation“, geschrieben von Julia Mounsey, Mo Fry Pasic, Peter Mills Weiss und Sophie Weisskoff lief als Gastspiel im Rahmen des radikal jung Festivals für junge Regie im Münchner Volkstheater.