Tierisch menschliche Eigenschaften!

Was Menschen können, schaffen Tiere auch

/ / Bild: Tierpark Hellabrunn / Jörg Koch

Empathie, Intelligenz, Gedächtnis – das sind alles Fähigkeiten, die dem Menschen als Krone der Schöpfung zugeschrieben werden. Aber damit ist er längst nicht mehr alleine. So fällt es Ratten auf, wenn Artgenossen unter Schmerzen leiden, Ameisen können sich selbst im Spiegel erkennen und Oktopoden mögen manche Menschen und andere dafür ganz und gar nicht.  

So mitfühlend wie eine Ratte  

Die Medien sind voller erschütternder Nachrichten, Menschen leiden, viele sind in Not. Wenn wir das sehen, empfinden wir Mitleid und wollen helfen. Damit sind wir aber nicht alleine: auch manche Tiere äußern Hilfsbereitschaft, wenn Artgenossen in ihrer Nähe leiden. Experimente mit Ratten zum Beispiel bestätigen, dass sie eingesperrte Artgenossen befreien und diese den Gefallen dann sogar erwidern.

Außerdem verzichten sie sogar auf Belohnungen, wenn andere Ratten im Gegenzug Strafen erhalten. Das wurde in einem Experiment gezeigt in dem die Tiere, wenn sie einen Hebel betätigten, eine Leckerei bekamen. Gleichzeitig wurde der Artgenosse in einem benachbarten Käfig allerdings mit einen Elektroschock versetzt und quietschte. Sobald die Nagetiere diesen Zusammenhang verstanden, verzichteten sie freiwillig auf Belohnungen, um weitere Elektroschocks zu verhindern. Und das völlig unabhängig davon, ob der Artgenosse ihnen vertraut war oder nicht. Allerdings ist noch nicht sicher erforscht, ob die Ratten rein aus Empathie handeln oder ob vielleicht doch reiner Egoismus dem Ganzen zugrunde liegt: das leidende Quietschen stört die Ratten lediglich, weshalb sie alles machen, um es zu vermeiden. 

Keas dagegen wirken bei ihrer Jagd ganz und gar nicht emphatisch. Der neuseeländische Bergpapagei ist ein sehr brutaler Jäger: so landet er auf den Rücken von Schafen und frisst ihnen durch Fell und Haut hindurch das Fett weg – und das bei lebendigem Leibe.  

Statistiken, bitte!  

Besonders menschliche Empathie weisen die Vögel wohl nicht auf, dafür können sie aber etwas, was selbst manchen Menschen schwer fällt: sie haben einen Sinn für Mathematik! Genauer heißt das: sie können relative und absolute Statistiken unterscheiden und in ihren Entscheidungen berücksichtigen. Das fanden Forscher der University of Auckland heraus. Zunächst lernten Papageien schwarze und orangene Stäbchen zu unterscheiden: bei schwarzen Stäbchen stand ihnen eine Belohnung zu, bei orangenen hingegen nicht.

Anschließend wurden die Stäbchen in einen durchsichtigen Behälter gegeben, wobei die Behälter unterschiedliche Anteile an schwarzen und orangenen Stäbchen enthielten. Ein Experimentator entnahm aus den Behältern jeweils, in dessen Faust versteckt, ein Stäbchen und die Vögel durften eine Hand wählen. Tatsächlich suchten die Keas häufiger die Hand aus, die ein Stäbchen aus dem Gefäß mit höherem Schwarzanteil innehielt. Aber nicht nur das – Keas bezogen sogar das Verhalten der Experimentatoren mit ein. So erkannten sie, dass sie eine größere Chance auf eine Belohnung haben, wenn der Experimentator aktiv nach schwarzen Steinchen suchte. Sie bevorzugten dann diesen Experimentator gegenüber seinen Kollegen. Besonders überraschend sind diese Fähigkeiten, weil die Vögel solchen Herausforderungen in der Natur normalerweise nicht begegnen.  

Kea – Bild: Tierpark Hellabrunn / Marc Müller

Spieglein, Spieglein an der Wand…  

Ausgewachsene Ameisen können etwas, was Menschenkinder auch erst mit circa eineinhalb Jahren können: sich selbst im Spiegel erkennen. Mit dem sogenannten “Spiegeltest” kann herausgefunden werden, ob Tiere ein Selbstbewusstsein haben. So wurden Ameisen Flecken auf den Kopf gemalt. Danach wurden sie vor einen Spiegel gesetzt – wer den Fleck erkannte und begann ihn wegzuputzen, bestand. Die Tiere erkannten sich selbst also im Spiegel. Junge Ameisen hingegen erkannten sich genauso wenig wie kleine Menschenkinder es tun würden: die Fähigkeit muss also erst erlernt werden.  

Acht Arme – ein Charakter  

Krake – Bild: Tierpark Hellabrunn / Joerg Koch

Sie haben acht Arme mit vielen Saugnäpfen, können ihre Farbe wechseln, sind intelligent und oft sehr schüchtern: die Oktopoden. Dem Körperbau nach zu urteilen unterscheiden sie sich sehr von Wirbeltieren. Trotzdem haben sie einige Gemeinsamkeiten. Die Oktopoden haben sowohl ein Kurz- als auch ein Langzeitgedächtnis, sie können Individuen erkennen und unterscheiden sich im Charakter. Oktopoden haben nicht wie wir ihr Gehirn im Kopf, sondern es verteilt sich über den ganzen Körper hinweg bis in die Arme. Dabei hat jeder Arm eine eigene Sensorik und Steuerung. Während sie nicht im konventionellen Sinne klug sind, sind sie zu enormen kognitiven Leistungen fähig.

Ein ganz frecher Oktopus mit dem Namen “Inky” schaffte es vor ein paar Jahren aus dem National Aquarium in Neuseeland zu entkommen. Er fand in seinem Aquariumsdeckel ein Loch, kletterte hinaus, rutschte mehrere Meter am Boden entlang bis hin zu einem Abwasserrohr, das ihn dann letztendlich ins Meer führte. Der Artgenosse, der sich das Becken mit ihm teilte, blieb im Vergleich zum Ausbrecher aber ganz brav zurück. Ein anderer Oktopus schlich sich nachts regelmäßig in andere Becken, um dort Krabben zu naschen und anschließend unauffällig wieder in seinen eigenen Käfig zurückzukehren. Wie der Mensch kann der Oktopus auch unterschiedliche Gesichter erkennen, unterscheiden und diese dann sogar entweder mögen oder eben nicht.  

Vielleicht kann man in Sachen Empathie etwas von Ratten lernen oder daran arbeiten, statistische Analysen genauso gut in die eigenen Entscheidungen einzubeziehen, wie Keas es tun. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, es tunlichst zu vermeiden zur Beute von mathematischen Vögeln zu werden. Und mit frechen Oktopoden sollte es sich besser ebenfalls keiner verscherzen.