Der München-Monitor 2022

Wie menschenfeindlich ist München?

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Diesen Freitag, 19.01.2024, wurde der München-Monitor 2022 im Rathaus vorgestellt. Die Studie untersucht die Menschenfeindlichkeit gegenüber Minderheitengruppen in der Landeshauptstadt. Das Ergebnis: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist Teil von Münchens Mitte der Gesellschaft. Und für bestimmte Münchner:innen gehört Diskriminierung zum Alltag. Von Luis Kirchner und Sila Cerkez.

Studiogespräch am 19.01.2024

Drei Jahre haben Forscher:innen der soziologischen Fakultät der LMU Befragungen durchgeführt und mit Angehörigen von Minderheiten in München gesprochen. Das Ziel: eine Bestandsaufnahme über die “gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit” (GMF) in der Landeshauptstadt. GMF, das sind negative Einstellungen und/oder abwertende Haltungen gegenüber Menschen, nur weil sie einer bestimmten Gruppe angehören. Darunter fallen Diskriminierungsformen wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus usw.

Kein Problem einer einzelnen Gruppe

Diesen Freitag präsentierte das Forschungsteam seine Ergebnisse im Rathaus unter der Anwesenheit von Bürgermeister Dominik Krause (Grüne), Mitgliedern des Stadtrates und Vertreter:innen der Sint:izze und Rom:nja- und der Schwarzen Gemeinschaft in München – und die Resultate werfen kein gutes Licht auf Toleranz in unserer Stadt. Die Studie macht klar: Feindliche Einstellungen sind “kein Problem einer spezifischen, klar abgegrenzten Gruppe”, sondern kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Das Forschungsteam befragte 8.500 Münchner:innen über ihre Einstellungen zu bestimmten Gruppen:

Ausmaß der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in München. 1 bedeutet: keine Ausprägung. 5 bedeutet: stärkste Ausprägung. Quelle: Fachstelle für Demokratie der Landeshauptstadt München.

Es wurde dabei auch das Vertrauen der Personen in unser politisches System abgefragt. Dabei kam heraus: Ein besonders geringes Demokratievertrauen ist ein Faktor für die Abwertung bestimmter Gruppen.

30 % mit Diskriminierungserfahrungen

Um herauszufinden, wie es um die Diskriminierten auf der anderen Seite steht, führte das Forschungsteam Gruppengespräche jeweils mit Vertreter:innen der Sinti:zze und Rom:nja sowie der Schwarzen Gemeinschaft Münchens durch. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass 30 % der Menschen in München, die einer benachteiligten Gruppe angehören, Diskriminierungserfahrungen innerhalb eines Jahres machten. Die Gründe sind mannigfaltig, doch zwei Faktoren stechen besonders hervor:

Angaben in %. Quelle: Fachstelle für Demokratie der Landeshauptstadt München.

Auf der Veranstaltung im Rathaus berichteten auch u.a. der Mediator Alexander Adler über Antiziganismus und die politische Bildnerin Jennifer Tevi über Anti-Schwarzen Rassismus und ihre Arbeit mit Kindern ihrer jeweiligen Community. Sie machten klar: Durch die alltägliche Diskriminierung sei es ein ständiger Kraftakt, Stini:zze und Rom:nja- bzw. Schwarzen Kindern überhaupt Selbstvertrauen zu geben.

Wissen schafft Akzeptanz

Im Anschluss äußerte sich das Mitglied des Stadtrats Marian Offman im Gespräch äußerst besorgt über die Ergebnisse des Monitorings. Insbesondere

angesichts dessen, dass wir im Osten zu erwarten haben, dass eine faschistische Partei, eine Nazi-Partei, […] wahrscheinlich den höchsten Stimmenanteil erringen wird. […] Deshalb gilt es jetzt wirklich, alles daranzusetzen, um aufzuklären.

Marian Offman, Mitglied des Stadtrats (SPD)

Besonders die Bildung und Jugendarbeit spiele eine entscheidende Rolle. Es könne nicht sein, dass man in der breiten Gesellschaft über das Judentum, den Islam oder auch die Frage, weshalb Menschen obdachlos werden, kaum bis nichts wisse. Das Wissen um andere Kulturen und Lebensumstände schaffe Akzeptanz. Zudem appellierte er an die Demokratiekultur:

Es gibt auch noch andere Dinge, die einfach für uns Demokraten wichtig sind. Das ist die Beteiligung im öffentlichen Diskurs. Und natürlich muss man auf Demonstrationen gehen – das muss ich unterstreichen. Ich bin jemand, der wirklich Gesicht zeigt bei Demonstrationen und wenn die Nazis demonstrieren, dann gehe ich als Jude dorthin und zeige als Jude Gesicht, damit die wissen, ich habe keine Angst vor ihnen. Und das müssen andere auch machen, andere, die diskriminiert werden. […] Und das müssen natürlich diejenigen Gruppierungen zusammen auch zeigen. […] Es muss einen Schulterschluss zwischen den diskriminierten Gruppen geben.

Marian Offman, Beauftragter der Stadt München für den interreligiösen Dialog

Der München-Monitor soll in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Die Forscher:innen begrüßten das, betonten aber auch, dass die Ergebnisse nur von Nutzen seien, wenn sie in Politik und Gesellschaft Resonanz zeigten.