Basketball vs. Fußball

Weltmeister – Aber im falschen Sport?

/ / Foto: Shutterstock/Vitalii Vitleo

Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft ist sensationell Weltmeister geworden. Doch dementsprechend genügend Aufmerksamkeit dafür bekommt sie noch lange nicht. Warum?

Es ist der 10. September. Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft gewinnt das WM-Finale gegen Serbien mit 83:77 und krönt sich damit zum ersten Mal in ihrer Geschichte zum Weltmeister. Doch wer glaubt, dass dem deutschen Basketball im größten Erfolg seiner Geschichte die mediale Aufmerksamkeit gehört, liegt falsch. Denn nur wenige Minuten vor dem Ende des Finales verkündet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Entlassung des Nationaltrainers Hansi Flick.

Fußball beherrscht die Tagesthemen

Die Entlassung macht sich in den “Tagesthemen” am Abend direkt bemerkbar. Auf einen Beitrag zum WM-Sieg folgen drei zur Flick-Entlassung. Die Sendung beginnt zwar mit einem zweieinhalb Minuten langen Beitrag über den Weltmeistertitel der Basketballer, danach ist aber der Fußball das bestimmende Thema.  

Ex-Fußballnationaltrainer Hansi Flick (Foto: Shutterstock/Mikolaj Barbanell)

Zunächst kommt dann ein zweiminütiger Bericht über Flicks Entlassung. Dann ordnet Fußball-Kommentator Tom Bartels in einem dreieinhalbminütigen Interview die Situation des deutschen Fußballs für die Zuschauer:innen ein. 

Moderator Helge Fuhst fragt Bartels zunächst, ob der Zeitpunkt der Flick-Entlassung nur wenige Minuten vor dem Ende des Finales der Basketballer denn “sportlich fair” vom DFB war. Bartels antwortet: 

“Also das ist für mich eine Randnotiz, aber dieser außergewöhnliche Titel der Basketballer, auch wenn wir über Fußball sprechen wollen, der ist so toll, da kommt auch die Entlassung von Hansi Flick heute nicht heran.” 

Tom Bartels in den “Tagesthemen”

Die Entlassung Flicks kommt nicht an den Weltmeistertitel der Basketballer heran – medial allerdings schon. Schließlich wollen die beiden im Folgenden weiter über Fußball sprechen. Nach dem Interview mit Bartels folgt die Meinung von Holger Dahl (WDR) zum Thema, was der Tag für die Basketballer und Fußballer bedeute. 

Tatsächlich spricht er hauptsächlich über die Situation beim DFB. Die deutschen Basketballer dienen nur dazu, darzustellen, was im Fußball momentan alles falsch läuft. Sie hätten gezeigt, was eine Mannschaft leisten könne, meint Dahl. Er spricht von “Teamgeist”, “aufopferndem Einsatz für die Mitspieler” und von der “Autorität” des “souveränen Coachs”, um dann wieder zur Entlassung des Bundestrainers im Fußball zurückzukehren.  

Basketball Nationaltrainer Gordon Herbert (Foto: Shutterstock/Vitalii Vitleo)

Es wirkt so, als würden die Leistungen der deutschen Basketballer anerkannt werden, besser wäre es aber, wenn sie von den Fußballern erbracht worden wären.  

Aufmerksamkeit für die Entwicklung des Sports 

Die Berichterstattung ist symptomatisch für die Lage aller Sportarten in Deutschland, bei denen man nicht mit dem Fuß einen Ball in ein Tor schießen muss. Selbst im Moment des größten Triumphs kommen sie nicht an die Aufmerksamkeit von “König Fußball” heran. Doch diese Aufmerksamkeit wäre dringend notwendig, um Kindern Idole zu präsentieren, denen sie nacheifern können und sie so für die eigene Sportart zu begeistern, aber auch um Sponsoren zu gewinnen und Strukturen aufzubauen.   

Das zeigt allein die Zahl der Mitglieder: Der Deutsche Basketball-Bund hat davon circa 200.000. Der DFB gibt an, 7,3 Millionen Mitglieder zu haben. Das sind 36,5-mal mehr. Keine andere Sportart kommt auf vergleichbare Zahlen. Daran wird deutlich, dass alle Sportarten, die nicht Fußball heißen, nur Randsportarten in Deutschland sind. Dementsprechend bekommt der Fußball auch mediale Aufmerksamkeit. Das bedeutet aber nicht, dass sich für die Randsportart Basketball niemand interessiert. Bei der Übertragung des Basketball-WM-Finales im ZDF schalteten laut des Branchendienstes DWDL 4,6 Millionen Menschen ein. Das ergab einen Marktanteil von 35%!

Starke Quoten für die deutschen Basketballer 

Bis das ZDF aber ein Spiel der deutschen Basketball-Nationalmannschaft übertragen wollte, musste diese erst das WM-Finale erreichen. Den sensationellen Sieg der deutschen Mannschaft im Halbfinale gegen die hochfavorisierten USA mit ihren NBA-Stars verpassten die meisten Zuschauer:innen vor dem Fernsehen genauso, wie die vorherigen sechs Spiele – alle hat Deutschland gewonnen.

Wie hoch die Quoten im ZDF gewesen wären, wenn die Menschen vor dem Fernsehen bereits bei allen anderen Spielen mit fiebern hätten können zeigt der Halbfinaltriumph der deutschen Mannschaft gegen die USA. 2,8 Millionen Menschen haben auf MAGENTA SPORT das Spiel verfolgt. Für den Streaming Dienst war das ein neuer Rekord. Mangelndes Interesse kann also nicht der Grund sein, warum das ZDF erst so spät in die Übertragung der WM eingestiegen ist. 

Kapitän Schröder fordert Respekt

Am Dienstag nach dem Finale kamen die neuen Weltmeister wieder in Deutschland an und ließen sich von circa 1.500 Fans feiern. Dass während der Berichterstattung dazu mehrere Medien die Fragen stellten, ob der deutschen Basketball-Nationalmannschaft jetzt drohe, dass ihre Stars von anderen Nationen abgeworben werden, verdeutlicht die fehlende Auseinandersetzung der Leitmedien mit dem Basketball. Es wäre wohl kaum vorstellbar, dass nach dem WM-Sieg der Fußballer 2014 auch nur eine Frage gestellt worden wäre, ob Mario Götze nun nicht vielleicht von den Brasilianern abgeworben werden würde.  

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Dennis Schröder, der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und wertvollster Spieler (MVP) des Weltmeisterschafts-Turniers, brachte es im Interview mit MAGENTA SPORT direkt nach dem Spiel auf den Punkt: 

“Wir wollen alle unseren Respekt.” 

Dennis Schröder gegenüber MAGENTA SPORT

Das gilt auch für alle anderen Randsportarten in Deutschland. Respekt für ihre sportliche Leistung hat die deutsche Basketball Nationalmannschaft erhalten, wenn sie nun sogar als positives Beispiel für die kriselnden Fußballer gilt. Nun muss aber aus diesem Respekt für die Mannschaft auch die entsprechende mediale Aufmerksamkeit resultieren, auch wenn die Sportart Basketball statt Fußball heißt.