Filmkritik

Triangle of Sadness

/ / Bild: Alamode

Triangle of Sadness des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund hat dieses Jahr die Goldene Palme bei den 75. Filmfestspielen in Cannes gewonnen. Schon dort spaltete er die Kritiker:innen – ist die Kapitalismuskritik genauso scharf wie sein letzter Film The Square (2017) oder doch nicht mehr als schöner Schein?

Geld (und Follower:innen) regieren die Welt

Die Oberflächlichkeit steht besonders im Vordergrund von Triangle of Sadness (2022). Das wird schon von Anfang an klar, denn das titelgebende Dreieck zeichnet sich bereits zwischen den Augenbrauen des Protagonisten Carl (Harris Dickinson) ab. In einer Welt, die vom konstanten Drang nach Selbstoptimierung besessen ist, steht er also kurz vor dem Abstellgleis. Zum Glück hat er mit seiner Freundin Yaja (Charlbi Dean) aber noch ein Ass in der Hinterhand: Das Leben als Influencer:in. Obwohl die beiden eher eine Arbeitsbeziehung führen, lassen sie sich eine Luxus-Kreuzfahrt – sponsored by Social-Media – bezahlen und treffen dort auf allerhand schräge Gestalten. Doch in der Scheinwelt von Glanz und Glamour, in der sich die beiden Protagonist:innen bewegen, ist auch nicht alles Gold, was glänzt…

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Der Trailer zu Triangle of Sadness

Zahnlose Gesellschaftsatire

Regisseur Ruben Östlund ist bekannt für seine bissigen Gesellschaftssatiren. Egal, ob der Niedergang einer Ehe in Höhere Gewalt (2014) oder ein Schlag ins Gesicht der Kunstkritiker:innen als auch -liebhaber:innen in The Square (2017). Diese Lust an der Zerstörung des aktuellen Status Quo setzt sich auch in Triangle of Sadness fort. Neben der Welt der Reichen knöpft sich Östlund dieses Mal aber auch die Schönen in Form von Influencer:innen vor. Die Kritik, die der Regisseur vorbringt, wird bei einigen wahrscheinlich nicht mehr als ein müdes Schulterzucken hervorrufen. Kommentare wie “Reiche Menschen sind nur auf Profit aus” oder “Influencer:innen sind oberflächlich” sind dann doch nicht bissig genug. Wirklich interessant sind in Wahrheit nämlich die unscheinbaren Figuren, die im Hintergrund für das Wohl der Gäst:innen sorgen: Das Personal des Luxuskreuzers.

Das gequälte Gesicht der Mitarbeiterin am Pool sagt mehr als tausend Worte/Bild: Alamode

Ich mach mir die Welt – widdewidde, wie sie mir gefällt!

Gerade deshalb ist die erste Hälfte von Triangle of Sadness deutlich besser gelungen als die zweite, der es zudem an Subtilität mangelt. So wird eine Bedienstete von einer Gästin dazu aufgefordert, unverzüglich baden zu gehen – einfach nur, weil es ihr Wunsch ist und sie glaubt, etwas Gutes für die Besatzung zu tun. Die Angestellte ist völlig verwirrt, schwankt zwischen einem gequälten Grinsen und purer Panik, weil sie nicht weiß, wie sie diesen Wunsch umgehen kann. Und so endet die Situation damit, dass die gesamte Crew baden geht – aber nicht aus Spaß, sondern aus Zwang. Denn wer auf dem Kreuzer das Sagen hat, sind immer noch die, die mit den Geldscheinen wedeln. Gerade weil dieser Teil zum Nachdenken anregt, ist es so schade, dass Triangle of Sadness spätestens nach 90 Minuten beginnt – im wahrsten Sinne des Wortes – abzustinken.

Darf es noch etwas plumper werden?

Mit dem ominösen “Captain´s Dinner”, das über den Köpfen der Crew und Passagier:innen wabert, entscheidet sich, wie sehr Triangle of Sadness im Gedächtnis bleibt. Kameramann Fredrik Wenzel entscheidet sich dafür, den Wellengang auch auf die Kamerabewegung zu übertragen. So schwankt die Kamera mindestens 20 Minuten unaufhörlich hin und her, sodass die Zuschauer:innen vorsichtshalber Kotztüten mitnehmen sollten.

Doch so kinematografisch ansprechend, wie das Ganze inszeniert ist, so plump ist das Gezeigte. Östlund ergeht sich mit einer kindlichen Freude an den Kotzorgien und Durchfallfontänen der Gäst:innen auf dem Luxusdampfer. So kommt nach der gefühlt hundertsten Einstellung mit Erbrochenem irgendwann die Frage auf, ob die Bezeichnung “Trash” für diesen Abschnitt des Films nicht passender wäre. Was dem Regisseur in The Square und Höhere Gewalt gerade durch seine subtilen Spitzen gegen die Persiflierten so gut gelang, wird in Triangle of Sadness spätestens zu diesem Zeitpunkt über Bord geworfen.

Während Yaya (Charlbie Dean) das süße Leben lebt, bröckelt bei Carl (Harris Dickson) die perfekte Fassade/Bild: Alamode

Pseudo-Promis unter Palmen

Was bis zu dem darmerschütternden Essen noch ein bissiger und überzeugender Film war, wandelt sich im letzten Teil von Triangle of Sadness zu einer trägen Tortur. Das liegt zum einen daran, dass der Film sehr wenige Themen anspricht und sich deshalb enorm wiederholt. Natürlich könnte das vermieden werden, wenn wenigstens die Figuren interessant wären oder die Subtilität gewahrt bleiben würde. Leider besitzt Triangle of Sadness nichts davon. Stattdessen können die Zuschauer:innen einer Handvoll schiffbrüchiger, wandelnder Stereotypen dabei zusehen, wie sie sich mittels unsubtiler Dialoge selbst zerfleischen. Von Dünger-Millionären, die mit ihrer Rolex angeben oder Fuckboys, die alles nur zu ihrem eigenen Nutzen machen. Die eigentliche Geschichte der beiden Influencer:innen zu Beginn geht dabei vollkommen im modernen Klassen- oder besser gesagt Inselkampf unter.

Triangle of Sadness ist ab dem 13. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.