Bechdel Opera

Sexismus in der Oper

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Zerlina, Gilda, Marzelline oder auch Lulu. Das sind nur einige Frauenfiguren, die in den berühmten Opern von Mozart und Co. jedes Jahr neu inszeniert werden. Das kritische Frauenbild dieser Figuren aus der Entstehungszeit bleibt aber bis heute unverändert. 

Die Theaterakadmie August Everding wagt sich mit einem kritischen Blick an das museale Musiktheater in einer 60-minütigen Operncollage heran: Die Bechdel Opera. Eine junge Sängerin setzt sich in einer Lockdown Situation mit ihrer Rolle als Frau in der Oper auseinander. Naives Mädchen oder Domina? Sind diese dargestellten Frauenbilder noch vertretbar? Was kann ich als Sängerin dagegen tun? 

Marzelline (Jacoba Barber-Rozema) fühlt sich Wohl in ihrer Rolle als Hausfrau. Bild: Jean-Marc Turmes

In Ruhe stiller Häuslichkeit

Gleich zu Beginn des Abends fällt auf: Die Suche nach einer feministischen Frauenfigur in der Oper wird schwer. Während Marzelline in Fidelio brav zu Hause auf ihren Mann wartet, fällt Zerlina auf ihre Knie und bittet Masetto, sie zu schlagen. Der Regisseur Malte C. Lachmann hat zusammen mit der Hauptdarstellerin Jacoba Rozema-Barber selbst verfasste Texte erarbeitet, um die Auseinandersetzung der jungen Sängerin mit diesen Figuren greifbar zu machen. Doch selbst das Hineinschlüpfen in eine männliche Rolle wie Leporello aus Don Giovanni, hilft der Protagonistin nicht weiter. Fakt ist: seit 233 Jahren werden diese Opern hauptsächlich durch einen männlichen Blick auf die Bühne gebracht. 

Der Bechdel Test

Eine Möglichkeit, um das feministische Potenzial einer Oper zu prüfen, ist der Namensgeber der Operncollage. Der nicht-wissenschaftliche Bechdel Test der amerikanischen Cartoon-Zeichnerin Alison Bechdel untersucht mit drei einfachen Fragen, inwieweit es sich um Stereotypisierungen von Frauen in Spielfilmen handelt: 1. Gibt es mehrere Frauenfiguren mit Namen?, 2. Sprechen diese miteinander?, 3. Sprechen sie über etwas anderes, als einen Mann? Werden alle drei Fragen mit einem Ja beantwortet, besteht der Film den Test. Doch die Anwendung dieses Tests auf die Oper zeigt, bis auf wenige Ausnahmen wie Petra von Kant, fallen die meisten Werke kläglich durch. 

Die junge Sängerin genießt Puccinis Musik. Bild: Jean-Marc Turmes

Dadaismus als Lösung?

Gegen Ende des Abends wird der jungen Sängerin klar: Es kann so nicht weitergehen. Sollen mehr Komponistinnen auf den Spielplänen stehen? Braucht es einfach neue Inszenierungsansätze? Oder soll das Genre im schlimmsten Fall weggeschmissen werden? Oder man setzt Gender-Crossing wie in der damaligen Zeit des Barocks ein? Genaue Lösungen gibt es nicht.

Als die Klänge der Arie O mio Babbino Caro mit neu vertontem Text der Inhaltsstoffe einer Cola Dose im Raum verklingen, bleibt die Hoffnung, dass sich vielleicht der/die ein oder andere Komponist*In dazu berufen fühlt, neue feministische Opern zu komponieren. 

Zu sehen gibt es die Bechdel Opera am 11.12 als Video-on-Demand auf dem Vimeo Kanal der Theaterakademie August Everding vimeo.com/augusteverding.