Best Of

Serien-Highlights 2018

/ / Bild: © Nathalie Claus M94.5

Zwischen den Jahren ist zwischen den Staffeln: Wir nutzen die “stade Zeit” zum Serienschauen. Ein Rückblick auf unsere TV-Lieblinge des Jahres.

Kevin ist immer noch allein zuhaus, Bruce Willis will nicht sterben, die Titanic geht unter: Über die Feiertage läuft selten Gutes im Fernsehen, und noch viel seltener was Neues. Deshalb hier unser Guide abseits vom Festtags-Einerlei, damit ihr von einer Folge zur nächsten und damit direkt ins neue Jahr rutschen könnt – ganz entspannt vom Sofa aus. Nicht kompatibel mit guten Vorsätzen zur Prüfungsvorbereitung.

Atlanta (FX, 2. Staffel)

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Ein bisschen mehr Horror-Optik: Trailer zur zweiten Staffel von Atlanta.

In der Popkultur gab es 2018 kein Vorbeikommen an Rundum-Genie Donald Glover: Als Childish Gambino brachte er mit This Is America das meist diskutierte Musikvideo des Jahres heraus, und seine preisgekrönte Erfolgsserie Atlanta wurde in einer zweiten Staffel fortgesetzt – ein ebenso ausführlich diskutiertes Massenphänomen. Zumindest in den USA. Die dort zuweilen fast fassungslose Begeisterung für Atlanta scheint im Gegensatz zur Freude an Donald Glovers Musik aber noch nicht nach Europa übergeschwappt zu sein – zu Unrecht.

Atlanta fasziniert mit einer seltsamen Unheimlichkeit, einem ständigen Gefühl von da stimmt doch was nicht, selbst wenn (meistens) nichts konkret Bedrohliches zu passieren scheint. Während die erste Staffel noch als vorwiegend harmloses, wenn auch gesellschaftskritisches Portrait des Alltags eines afro-amerikanischen Protagonisten durchgehen konnte, bewandert Staffel Zwei eindeutiges Horror-Terrain. Und dennoch: Zwischen Gewalt und zynischem Humor bleibt immer noch der Kern dessen, womit schwarze Amerikaner sich täglich konfrontiert sehen, wenn auch stilisiert zu surrealen Horrorgeschichten. Die ständige, unheilvolle Anspannung ist die gleiche – und überträgt sich nahtlos auf den Zuschauer, denn die zugrundeliegenden Motive (Realität und Fiktion, Ruhm und Identität, Existenzängste) sind universal. Damit bewegt sich Atlanta irgendwo zwischen Twin Peaks und Get Out, verarbeitet seine Themen aber originell genug, um überraschend zu bleiben. Ein echtes Donald-Glover-Projekt eben. |nc

Atypical (Netflix, 2. Staffel)

Atypical handelt vom Teenager Sam, der zuhause lebt, sich mit seinen nervigen Eltern und seiner Schwester herumschlägt, und sich bereit für die erste Freundin und den ersten sexuellen Kontakt fühlt – also wie jeder andere Teenager auch. Nur ist Sam darüber hinaus Autist. Die Geschichte spielt in einem komplett normalen Umfeld, inmitten gesellschaftlicher Standards von Normalität. Wer da nicht reinpasst, wird als „irre“ abgestempelt. Und darum geht es in Atypical.

Während Sam in der ersten Staffel noch eindeutige Hauptfigur ist, sind die Übergänge von Haupt- zu Nebencharakteren in der zweiten Staffel schon deutlich fließender. Die Schwester kommt auf eine neue Schule und versucht Anschluss zu finden, die Eltern versuchen noch immer, den richtigen Umgang mit Sams Eigenheiten zu lernen und Sam, der kämpft immer noch mit den üblichen Teenie-Problemen. Nur zeigt er dabei kaum Gefühle, lässt seine Intelligenz immer wieder hervorblitzen und braucht oft eine Auszeit von seinen Mitmenschen und den äußerlichen Einflüssen auf ihn.

Atypical ist keine ernste, dann wiederum aber auch keine Feel-Good-Serie. Es geht um den Alltag von Autisten und den Familienangehörigen, um die teils noch fehlende Akzeptanz und Toleranz der Mitmenschen und um das echte Leben, was eben auch mal einen Lacher übrig hat. |ad

Bodyguard (BBC One, 1. Staffel)

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Trailer zu Bodyguard, ursprünglich eine Produktion von BBC One.

Nachdem der Ex-Soldat und Polizist David Budd einen Terroranschlag auf einen Zug verhindert, wird er zum Leibwächter für die englische Innenministerin Julia Montague befördert. Schon bald reiben sich die beiden aneinander, denn Budd hat mit posttraumatischer Belastungsstörung zu kämpfen, die er aus dem Krieg in Afghanistan mitgebracht hat, Montague hingegen ist sicherheitspolitische Hardlinerin und verteidigt die britischen Kriegseinsätze. Seine Erinnerungen an den Krieg belasten auch sein Privatleben: Seine Ehe ist zerbrochen und abends trinkt er ein Bier nach dem anderen, um dann bei seiner Ex-Frau anzurufen. Gleichzeitig gerät Budd immer öfter ins Zentrum terroristischer Anschläge und man beginnt sich zu fragen, ob es da jemand auf Budd persönlich abgesehen hat. Doch wem kann er trauen?

Bodyguard (in Deutschland auf Netflix zu sehen) rückt die psychischen Traumata in den Mittelpunkt, die viele Soldaten aus dem Krieg mit nach Hause bringen, und die häufig nicht behandelt werden. Zusammen mit der allgegenwärtigen Terrorgefahr und einem Netz aus undurchsichtigen Motiven und Intrigen gelingt somit eine packende Serie mit vielen überraschenden Wendungen, bei der man nicht mehr wegschauen kann. Sehr sehenswert! |jh

Bojack Horseman (Netflix, 5. Staffel)

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Zynisch wie immer: Trailer zur fünften Staffel von Bojack Horseman.

Überrascht es im Jahre 2018 noch jemanden, dass die neue Staffel Bojack Horseman auf einer Jahresbestenliste steht? Nein, natürlich nicht. Zugegeben: Es ist keine besonders originelle Wahl (die Serie landet nicht umsonst seit ihrer ersten Staffel jedes Jahr auf unserer Favoritenliste). Aber die fünfte Staffel Bojack Horseman ist etwas Besonderes, denn: Es ist die beste Staffel bisher. Und das liegt vor allem an einem: Storytelling.

Die Art, wie die Geschichten erzählt werden, ist dieses Mal einfach besonders aufregend, leichtfüßig und unglaublich komisch. In dieser Staffel haben sich die Autoren scheinbar gar keine Grenzen mehr gesetzt und in ihrem Einfallsreichtum beim Erzählen selbst übertroffen (eindrucksvoll zu sehen etwa an Folge 6, die aus einem einzigen langen Monolog besteht). Und was das Ganze umso befriedigender macht: Es funktioniert auch noch so unheimlich gut.

Jeder, der die Serie davor schon mochte, hat diese Staffel wahrscheinlich schon längst gesehen, aber an alle, die die Serie bis jetzt aus irgendeinem Grund gekonnt ignoriert haben: Allein der fünften Staffel wegen lohnt es sich, diese preisgekrönte Animationsserie anzuschauen. |msr

Chilling Adventures of Sabrina (Netflix, 1. Staffel)

Mit Sicherheit ist diese Netflix-Produktion eine der Überraschungen des Jahres. Wer hat bei der Bekanntgabe, dass es eine Neuinterpretation der Sabrina-Comics geben sollte, nicht an die cheesy Teenieserie samt sprechendem Kater Salom gedacht? Chilling Adventures of Sabrina hat unverkennbare Züge dessen, stimmt jedoch von Anfang an einen weitaus düstereren Ton an.

Sabrina muss sich als Halbhexe entscheiden, ob sie sich ins Buch der Bestie einträgt, damit sie ihre magischen Kräfte erhält und direkt dem Teufel unterstellt ist, oder ob sie doch lieber ein gewöhnlicher Mensch ohne übersinnliche Fähigkeiten bleibt und ihr normales Leben weiterführt. Satanismus, Zynismus und ein grandioser Look machen diese Serie zu einem unerwartet eindrucksvollen Schmuckstück im Hause Netflix. |mf

Disenchantment (Netflix, 1. Staffel)

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Klassische Simpsons-Optik im Trailer zu Disenchantment.

Dieses kleine Netflix-Schmankerl kommt dabei heraus, wenn man den Simpsons-Erschaffer Matt Groening etwas zu viel Game of Thrones schauen lässt. Denn hier wird der Humor und der Stil von den Simpsons und Futurama ins Mittelalter versetzt – und das funktioniert erstaunlich gut.

Im Mittelpunkt steht die meist besoffene oder verkaterte Prinzessin Tiabeanie. Da jedoch nur ihre größten Feinde – oder ihr Vater – sie so nennen, ist sie im Königreich Dreamland als „Bean“ bekannt. Gemeinsam mit ihrem persönlichen Dämon Luci, der von den meisten für eine sprechende Katze gehalten wird, und dem Elfen Elfo, der hoffnungslos in der Friendzone gefangen ist, taumelt sie von einem Abenteuer ins nächste. Dabei wird ein größerer Handlungsstrang verfolgt, so dass der bisher erschienene erste Teil der ersten Staffel mit einem Cliffhanger endet.

Zum Glück hat Netflix Teil 2 für 2019 angekündigt und eine weitere geteilte Staffel für die darauf folgenden Jahre bestellt. Übrigens: Im Gegensatz zu Futurama oder Simpsons haben Charaktere in Disenchantment fünf statt vier Finger. So kann man einen Grund mehr aufzählen, warum man sich diese Serie nicht entgehen lassen sollte. |jr

Élite (Netflix, 1. Staffel)

Eine neue Schule, viele neue Freunde und Feinde, und ein Mord – das alles ist Teil von Samuels Leben. Seit seine Schule für Normalsterbliche geschlossen werden musste, hat er durch Zufall die Chance bekommen, auf eine Elite-Schule zu gehen. Dort geschieht ein Mord, dessen Vorgeschichte im Laufe der Serie erzählt wird, ohne dass der Zuschauer weiß, wer überhaupt tot ist – und warum und von wem er oder sie getötet wurde.

Insgesamt klingt die spanische Netflix-Produktion Élite sehr stark nach Tote Mädchen lügen nicht, macht jedoch weit mehr richtig – und vor allem süchtig – als die amerikanische Serie. Denn durch den Einsatz von Schauspielern aus Haus des Geldes und eine spannende und weniger seichte Erzählweise kann man Élite nicht einfach ausschalten – sondern muss zugucken, bis man jedes Geheimnis jeden Charakters herausgefunden hat. Aber Achtung: Es werden nicht alle Geheimnisse gelüftet. Staffel 2 ist bereits bestellt und wird vermutlich gegen Ende 2019 auf unseren Bildschirmen zu sehen sein. |jr

GLOW (Netflix, 2. Staffel)

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Perfekt für 80s-Klischee-Bingo: Trailer zur zweiten Staffel von GLOW.

Noch mehr schamlose 80er Nostalgie? Bitte nicht. Kaum eine Ära wurde in den letzten Jahren in Film und Fernsehen derart hemmungslos ausgeschlachtet wie das Jahrzehnt der Dauerwellen und Synthesizer, allmählich ist das Publikum übersättigt, ein Nachschlag muss nun wirklich nicht sein. Außer, er heißt GLOW: Denn vielleicht sagt es über den Erfolg dieser Serie ja am meisten aus, dass sie trotz Neonleggings-Überdruss auch noch den größten 80s-Muffel begeistern kann.

Es geht um: Wrestling. Zweiter Abschreck-Faktor. GLOW aber (kurz für Gorgeous Ladies Of Wrestling) funktioniert erstaunlicherweise komplett ohne Vorwissen, Interesse oder gar irgendeine Form von Affinität für Wrestling – weil die Charaktere selbst absolut keine Ahnung davon haben. Eine unfreiwillig zusammen gewürfelte Gruppe von Gorgeous Ladies, die unterschiedlicher kaum sein könnten, versuchen notgedrungen, eine eigene Wrestling-Show auf die Beine zu stellen. Erfrischend sind hier nicht nur die unheimlich vielseitigen Frauenfiguren, die allesamt authentische Ecken und Kanten haben, die aneinander reiben, sondern auch die zentrale Thematisierung von Sexismus im Showbusiness. Viele der Szenen sind, trotz ihrer Verortung in den 1980ern, vor dem Hintergrund von #metoo aktueller denn je. Und trotzdem: GLOW wackelt nicht mit dem mahnenden Zeigefinger, sondern setzt auf Humor. Eine absolute Binge-Empfehlung für alle, die sich nicht von hautengen Aerobic-Anzügen abschrecken lassen. |nc

Haus des Geldes (Netflix, 1. Staffel)

Wenn Netflix trotz des rapiden Zuwachses an Eigenproduktionen eine bereits bestehende Serie „einkauft“, um diese unter dem eigenen Label zu vermarkten, dann muss es sich um eine wirklich gute Serie handeln. Haus des Geldes war zuvor nur in Spanien bekannt, als La Casa de Papel. Und was kann man groß zu der Serie sagen, außer dass sie so stark eingekracht ist wie die Börse 1929: unerwartet und extrem.

Der Inhalt: acht Räuber, ein Gruppenleiter, eine spanische Zentralbank, 2.4 Milliarden Euro, 67 Geiseln und elf Tage. Die komplette Geschichte spielt fast ausschließlich in der Bank, dem Polizeirevier und dem Bunker des Gruppenleiters. Durch diese räumliche Einschränkung stehen die Protagonisten im brutalen Fokus der Kamera. Dem Zuschauer wird nicht nur ein spannender Raub vor Augen geführt, sondern auch die komplette Entblößung aller Charaktere, was eine emotionale Identifikation fördert. Die Zweifel der Figuren scheinen zu den eigenen zu werden, genau wie ihre Freude. Zwei Staffeln darf man binge-watchen, bevor die Serie vorerst endet. Netflix hat allerdings bereits eine dritte Staffel angekündigt. |ad

Maniac (Netflix, 1. Staffel)

Sind wir nicht alle ein bisschen verrückt? Leben wir nicht alle einfach nur in unserer eigenen Realität? Die Netflix-Produktion Maniac nimmt uns mit auf eine buntes Gedankenexperiment, einen Drogentrip: Denn die beiden Hauptpersonen Owen und Annie nehmen an einer Studie teil, die mittels der Pillen A, B und C sowie einem höchstemotionalen Computer, der auf Gedichte steht, psychische Traumata lösen soll.

Situiert in einer Welt, die in etwa wie eine triste Zukunftsvision der 70er oder 80er aussieht, brillieren Jonah Hill als schizophrener Einzelgänger und Emma Stone als zynische Pillenabhängige. Als Probanden sollen sie “das Ende ihres Regenbogens” finden, während sie im Laufe der einzelnen Folgen ihre emotionalsten Erlebnisse in Genre-artigen Meta-Realitäten durchleben: mal als Elfen, mal als Bankräuber. Dabei können wir uns als Zuschauer nie ganz sicher sein, in welcher Realität wir uns da gerade verlieren – oder ob das Geschehen doch wirklich stattfindet. Ein abgedrehtes, chaotisch absurdes Drama über Realität und Wahrheit, das nicht nur verwirrt und unterhält, sondern auch die richtigen Fragen stellt. |vs

The Marvelous Mrs. Maisel (Amazon Prime, 2. Staffel)

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Glamour der Fünfziger in den USA: Trailer zu The Marvelous Mrs. Maisel.

Miriam “Midge” Maisel (Rachel Brosnahan) verkörpert die perfekte Ehefrau, die in jeder Lebenslage so aussieht, als wäre sie gerade der Vogue entsprungen. Sie ist die schillernde und selbstsichere Hauptdarstellerin in The Marvelous Mrs. Maisel. Als ihr untreuer Ehemann Joel (Michael Zegen) sie jedoch urplötzlich verlässt, traut sie sich betrunken auf die Bühne eines kleinen Clubs und legt eine unglaubliche Comedy-Perfomance hin: ehrlich und ohne sich ein Blatt vor den Mund zunehmen. Dort wird sie entdeckt.

Die Serie spielt Ende der 50er Jahre in New York. Das Flair dieser Zeit wird durch Mode, Musik und Möbel perfekt zum Ausdruck gebracht. Die Macherin Amy Sherman-Palladino lässt nicht nur die Protagonisten der Serie, sondern ebenso die Nebendarsteller tiefgründig und authentisch auftreten. Der Kampf um Emanzipation begleitet jede Folge unterschwellig, erdrückt sie aber keinesfalls. The Marvelous Mrs. Maisel ist eine wahre Serien-Perle, deren bisherige zwei Staffeln viel zu schnell vorbei sind. |sg

No Offence (Channel 4, 3. Staffel)

Die dritte Staffel No Offence wurde von ZDFneo innerhalb von drei Wochen jeden Montag nach zwei alten Inspector Barnaby-Wiederholungen von 23 Uhr bis ein Uhr nachts weggesendet. Warum denn das? No Offence ist eine der besten Krimiserien der letzten Jahre. Die Serie kann durch ihren kompromisslosen In-die-Fresse-Style überzeugen und bietet originelle Einfälle in jeder einzelnen Folge.

Es ist erfrischend, dass man in einer Zeit, in der All-Female-Remakes von berühmten Filmen en vogue sind, hier einen weiblichen Cast findet, der sich durch seine Stärke auszeichnet, aber das breitbeinige Macho-Getue der männlichen Charaktere auflaufen lässt. Die dritte Staffel ist auch noch die beste bisher. Ein heißer Tipp für alle Krimifans und die, die dachten, dass Krimis nicht mehr überraschend sein können. |msr

Patrick Melrose (Showtime, 1. Staffel)

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Exzess und spitzer Humor: Trailer zu Patrick Melrose.

Dass Benedict Cumberbatch schauspielern kann, muss er inzwischen nicht mehr beweisen. Dass er aber derart in einer Rolle verschwinden kann, dass selbst die größten Cumberbatch-Kritiker ihm applaudieren müssen, zeigt Patrick Melrose, eine als Mini-Serie verfilmte Adaption der halbautobiographischen Bestseller von Edward St. Aubyn. Dabei liefert die Serie nicht nur ein schrilles Abbild der britischen Oberschicht mitsamt all ihrer Macken und Laster, sondern auch ein emotional intensives Portrait der titelgebenden Hauptperson.

Patrick Melrose ist adelig, unfassbar zynisch und von so ziemlich allen Substanzen abhängig, von denen man abhängig sein kann. Die erste Folge stürzt direkt in einen filmisch sehr effektiv umgesetzten Drogentrip, nachdem Patrick die Nachricht erhält, dass sein Vater gestorben ist. Was als absurd lustige Odyssee nach Hause und zu seiner Beerdigung beginnt, entwickelt sich zu einer Talfahrt hinab in Patricks Kindheitstrauma, die immer bedrückender und erschöpfender wird. Allerdings geschieht die Aufarbeitung seiner hochkomplexen Beziehung zum Vater abseits jeglicher Klischees und intelligent verwoben mit den vielen Problemen, die daraus in seiner Gegenwart resultieren. Da Patricks Geschichte non-linear und über mehrere Jahrzehnte hinweg erzählt wird, erfordert Patrick Melrose ungeteilte Aufmerksamkeit und stellenweise starke Nerven. Die charakterfokussierte und sehr realitätsgetreue Abbildung von psychischen Traumata ist das aber absolut wert. |nc

Die Protokollantin (ZDF, 1. Staffel)

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Trailer zu Die Protokollantin, zu sehen in der ZDF Mediathek.

Von Berufs wegen hat sie praktisch unsichtbar zu sein – Freya Becker, Protokollantin bei der Mordkommission. Sie sitzt bei Verhören im Zimmer, hört alles, tippt alles mit, darf sich aber nicht äußern. Sie erlebt Unrecht, das sie nicht auf sich beruhen lassen kann. Völlig unbemerkt spielt sie in ihrer Freizeit den Racheengel. Sie kompensiert damit den Horror ihrer Vergangenheit: die Misshandlungen durch den Vater, den Suizid des Ehemanns und vor allem den Tod der Tochter.

Die Protokollantin ist ungewöhnliches Fernsehen. Nina Grosse hat die Geschichte nach einer Idee von Friedrich Ani leise und geruhsam inszeniert, ohne Effekthascherei oder konstruierte Wendungen. Stattdessen nimmt sie sich viel Zeit für die Entwicklung der Figuren, denen von einem sorgfältig besetzten Cast Authentizität verliehen wird. Besonders Iris Berben macht mit sehr zurückgenommenem Spiel das Faszinierende an einer Frau sichtbar, die man im wahren Leben einfach übersehen würde. Ein Gegenüber auf Augenhöhe findet sie in Peter Kurth, der auch Babylon Berlin mit seinem Können adelt. Story, Umsetzung und vor allem die zahlreichen interessant beschädigten Charaktere machen dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen alle Ehre. |ml

Skam (NRK TV, 4. Staffel)

Ursprünglich eine norwegische Produktion, ist Skam dieses Jahr bereits in neun Ländern als Remake über den Bildschirm gelaufen – allerdings konnte keine dieser Kopien an den Erfolg des Originals anknüpfen; Grund genug, es sich einmal anzusehen.

Skam (norwegisch: “Scham”) ist die erfolgreichste skandinavische Serie, die je produziert wurde, und das vom norwegischen Staatsfernsehen. Es geht um vier Jugendliche, die gemeinsam auf ein Gymnasium in Oslo gehen. Hört sich erstmal nicht besonders spektakulär an, aber genau das macht Skam besonders. Alles wirkt unglaublich echt, die Dialoge sind authentisch, die jungen Schauspieler*innen sehen aus, als könnten sie auch auf die eigene Schule gehen. Gossip Girl in authentisch und unaufgeregt quasi.

Die Folgen sind zwischen 15 und 30 Minuten lang und wurden immer ohne Ankündigung online veröffentlicht, zeitgleich zu dem Zeitpunkt, zu dem die einzelnen Episoden spielen. Skam besticht auch, weil es gesellschaftliche Tabuthemen anspricht: Von psychischen Störungen, gesellschaftlicher Ungleichheit, sexuellem Missbrauch, religiösen Vorurteilen bis zu LGBT-Themen wird alles angesprochen und so realistisch vermittelt, wie diese Themen Jugendliche überall auf der Welt im Alltag begegnen. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb die Serie weltweit Millionen Fans hat – über Sprach- und Ländergrenzen hinweg. |mk + sr