Staatsstreich in Myanmar

Hintergründe zum Militärputsch

/ / Bild: shutterstock / CatwalkPhotos

In der Nacht auf den 1. Februar 2021 hat sich das Militär in Myanmar in einem Staatsstreich an die Macht geputscht. Die de-facto Staatschefin Aung San Suu Kyi wurde dabei festgenommen und der Notstand für ein Jahr ausgerufen. Dass das Militär putschen würde, hat sich abgezeichnet.

Schon kurz nach der Parlamentswahl am 8. November 2020, bei der die demokratische Nationale Liga für Demokratie (NLD)-Partei von Aung San Suu Kyi mit einer großen Mehrheit gewann, begann das Militär Gerüchte über einen Wahlbetrug zu verbreiten. Nun sind die Generäle mit dem Putsch zurück an die Macht gekommen. Myanmar wurde zuvor fast 50 Jahre lang von einer Militärdiktatur regiert. Erst seit 2010 finden freie Parlamentswahlen statt.

„Die Leute sind desillusioniert. Sie wissen, was es bedeutet, wenn das Militär wieder die Macht an sich reißt. Das ist nicht das erste Mal, sondern für viele der Normalzustand in den sie auch reingeboren wurden.“

Judith Beyer – Professorin und Expertin für Politische Anthropologie an der Universität Konstanz*
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Erste Demokratisierungsprozesse

Anfang der 2000er begannen die Machthaber, das Land langsam zu demokratisieren. Ein wichtiger Wendepunkt waren dabei Proteste der Bevölkerung im Jahr 2007.

Unter internationalem Druck entwarf das Militär deshalb 2008 eine neue, „demokratischere“ Verfassung. Diese gilt noch bis heute und enthält viele Klauseln, durch die das Militär seine Macht weiter aufrecht erhalten kann. So werden ihm zum Beispiel 25 Prozent der Parlamentssitze garantiert.

Im Rahmen der ersten freien Wahlen 2010 wurde die Friedensnobelpreisträgerin und jetzige de-facto Staatspräsidentin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest entlassen. Sie war für den Großteil der Bevölkerung Myanmars schon damals ein Idol von Frieden und Freiheit. So erzielte ihre Partei NLD bei den zweiten freien Wahlen 2015 einen großen Sieg.

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Portät des CNN über Aung San Suu Kyi

Aung Sun Suu Kyi Zwischen Militär und Demokratie

Ihre Anhänger:innen versprachen sich von Aung Sun Suu Kyi einen demokratischen Zeitenwechsel. Doch die in der Verfassung verankerten Kletten der Militärdiktatur blieben auch nach 2010 an Myanmar hängen und ließen nur scheinbare Demokratisierung zu.

Als Regierungschefin und Außenministerin befindet sich Kyi zwischen den Fronten: Das Militär führt Krieg gegen ethnische Minderheiten, insbesondere gegen die muslimischen Rohingya. Ob aus Rücksicht auf ihre buddhistische Wählerschaft oder wegen des Einflusses hoher Generäle Kyi verhält sich bislang zurückhaltend.

Im Dezember 2019 noch verteidigte Kyi das Militär vor dem internationalen Strafgerichtshof in den Haag gegen den Vorwurf des Völkermords. Dies brachte ihr internationale Kritik ein.

Ob der Putsch nun langfristig Bestand haben wird, hängt auch von der Volksrepublik China ab, die das Militär unterstützt und Interesse an Myanmars Bodenschätzen und dem Zugang zum Golf von Bengalen hat.

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*In einer früheren Version des Artikels haben wir das Zitat fälschlicherweise Theresa Bergmann von Amnesty International in Deutschland zugeschrieben. Für den Fehler und für daraus entstandenen Unannehmlichkeiten möchten wir um Entschuldigung bitten.