Platte des Monats: Oktober 2019

Life – A Picture Of Good Health

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Mit kreischenden Gitarren, schweißtreibenden Drums und jeder Menge frustriertem Geschrei sagen die Musiker*innen aus Hull dem Alltagshorror den Kampf an.

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LIFE – Bum Hour

Wenn man einen Urlaub in England plant, hat man einige faszinierende Städte zur Auswahl: London? Sowieso klar. Manchester? Tolle Geschichte und großartige Musikszene! Liverpool? Allein schon wegen den Beatles! Kingston Upon Hull? …naja vielleicht nicht unbedingt.

Die Stadt kennt man vielleicht noch wegen ihrem Fußballverein – aber auch eher nur weil man den beim Konsolenfußball gerne mal als Kanonenfutter ausgewählt hat. Hull ist also mit Sicherheit nicht die ruhmreichste Stadt Englands. Aber wer sagt denn, dass spannende Musik nur aus glänzenden Metropolen kommen darf? Das Quartett LIFE aus genau diesem Hull liefert mit seinem zweiten Album ein eindrucksvolles Gegenargument – und pumpt dem britischen Punk frisches Blut in die Venen.

Postpunk-Frischzellenkur

Der Albumtitel A Picture Of Good Health wird einem sofort zum Start der Platte in die Ohren geschrien – Und zwar mit so viel Sarkasmus, dass man ihn nur überhören kann wenn man sich ganz viel Mühe gibt. Wenn Sänger Mez Sanders-Green krächzend über seinen fabulösen Gesundheitszustand philosophiert, klingt das ungefähr so als würde ein zahnloser Glatzkopf den nächsten großen Yoga-Retreat anpreisen.

Der Opener zeigt schon eindrucksvoll, was LIFE auf ihrem zweiten Album musikalisch im Angebot haben: Die Gitarren kreischen, der Bass hämmert im Hintergrund, während das Schlagzeug die Energie hochhält. Auch wenn an der Soundformel nicht allzu viel geändert wird, sorgen LIFE trotzdem dafür, dass der rotzige Post-Punk nicht eintönig wird: Während zum Beispiel „Excites Me“ durch einen ansteckenden Chorus im Ohr hängen bleibt, überzeugt „Grown Up“ dagegen mit wahnwitziger Geschwindigkeit

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LIFE – Hollow Thing

Prä-Brexit-Depression

LIFE halten ohne große Experimente die Varianz in ihren Songs angenehm hoch. Aber auch in ihren Texten bietet die Band spannende Themen. Neben dem schon erwähnten sarkastischen Blick auf die Selbstoptimierungsgelüste der Gesellschaft, schaffen es auch persönliche, eher introvertierte Töne auf die Platte. Die Band singt – okay, meistens schreien sie eher – über die erste eigene wenig luxuriöe Wohnung, alleinerziehende Eltern und mentale Zusammenbrüche.

LIFE haben keine offensichtliche Platte über den Brexit aufgenommen. Sie stellen viel mehr eindrucksvoll dar, wie sich das globale Chaos auf das eigene Leben auswirkt. Eine würdige Platte des Monats für den Oktober, der die Zukunft des Landes möglicherweise einschneidend prägen wird.

A Picture Of Good Health ist am 20. September bei Afghan Moon erschienen.