Kommentar

Wir können nicht nicht bluten

/ / Bild: M94.5 / Vroni Kallinger

Im neuen Koalitionsvertrag der Ampel steht der Plan, dass Verhütungsmittel wie Kondome und die Antibabypille kostenlos werden sollen. Das soll die Krankenkasse übernehmen. Stellt sich die Frage warum eigentlich nicht auch Periodenprodukte kostenlos werden sollen. Ein Kommentar von Caroline Schubert.

Egal ob Binden, Tampons oder Menstruationstassen verwendet werden: Menstruierende Personen haben Jahrzehntelang einen hohen Verbrauch an Periodenprodukten. Neben starken Blutungen, körperlichen Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen und Beeinträchtigung im alltäglichen Arbeits- und Sozialleben, belastet die Periode auch den Geldbeutel. 

Dauer und Umfang der Periode

Eine menstruierende Person lebt durchschnittlich 38 Jahre lang mit ihren Tagen und verliert in jedem Zyklus 60-80 Milliliter Blut. Das entspricht einem doppelten Espresso.

Wenn man alle sechs Stunden seine Periodenprodukte wechseln muss, ist bei einer durchschnittlichen Dauer der Periode von drei bis fünf Tagen eine 16er Tamponbox schnell wieder leer. Die Kosten für eine Packung mit Periodenprodukte an sich ist ja nicht so hoch, aber im Laufe des Jahres beziehungsweise des Lebens einer menstruierenden Person summiert sich das.

Kosten des Periodenlebens

Eine durchgeführte Studie der britischen Zeitung Huffington Post hat herausgefunden, dass sich die jährlichen Ausgabe auf rund 550 Euro belaufen. Im Laufe des Lebens sind das circa 21.000 Euro.

Periodenprodukte und Medikamente
Bild: Shutterstock/ RomarioIen

Nicht nur Tampons, Binden und Co.

Neben Periodenprodukten kauften die Befragten der Studie aber auch Schmerzmittel, Süßigkeiten und neue Unterwäsche. 91% der Studien-Teilnehmer:innen greifen während der Periode zu Medikamenten wie Bauch- und Kopfschmerztabletten. Dazu kommt noch die verpassten Arbeits- oder Schultage, falls die Schmerzen so stark sind, dass sich menstruierende Personen zuhause im Bett ausruhen müssen.

Abschaffung der Tamponsteuer

Einen Schritt in die Richtung kostenloser Periodenprodukten hat Deutschland schon gemacht. 2018 wurde von Josephine Roloff und Yasemin Kotra eine Petition gestartet, die dafür sorgte, dass Anfang 2020 die sogenannte Tamponsteuer in Deutschland abgeschafft wurde. Im Gegensatz zu Ländern wie Italien, Dänemark oder Ungarn, deren Mehrwertsteuersätze bis zu 27% betragen, ist die Senkung hierzulande von 19% auf 7% durchaus ein Fortschritt. Jedoch sind Länder wie Australien oder Kanada uns noch voran, sie haben die Steuer komplett abgeschafft.

Steuer auf Periodenprodukte
Bild: Shutterstock / Alicia Fdez

Periodenprodukte im öffentlichen Raum

Allerdings sind nicht nur im Bereich Steuern andere Länder uns einen großen Schritt voraus. So gibt es auf öffentlichen Toiletten in Bildungseinrichtungen, Arztpraxen oder Gastronomie in Deutschland keine beziehungsweise nur selten Periodenprodukte. In Frankreich existiert dies schon in Schulen und Universitäten und in Schottland im gesamten öffentlichen Dienstleistungsbereich.

Kosten für finanziell schwache Menschen 

Für Studierende, die noch zuhause wohnen, oder menstruierende Personen, die sich in der Mittelschicht und aufwärts befinden, sind Periodenprodukte problemlos bezahlbar. Aber für Personen, die nur ein niedriges bis kein Einkommen besitzen kann die Periode bei einem leeren Geldbeutel zur finanziellen Belastung werden.

Zum Beispiel ist im Hartz-IV-Regelsatz für Gesundheitspflege 17,02 Euro vorgesehen. Das reicht selten allein für Arztbesuche, Zahnpasta und Medikamente. Bei menstruierende Personen kommen dann noch die Kosten für Periodenprodukte und Tabletten gegen Bauch- und Kopfschmerzen, die während der Periode auftreten dazu. 

Sex kostenlos – Tage nicht?

Verhütungsmittel sind auf Dauer natürlich auch teuer. Daher ist die Idee der Ampel-Koalition, Kondome und die Antibabypille kostenlos zu machen, durchaus eine positive Entwicklung. Zudem liefert sie eine finanzielle Entlastung für alle Personen. Für mich ist jedoch unverständlich, warum bei den ganzen Diskussionen Periodenprodukte nicht einmal in Erwägung gezogen worden sind. 

Vor allem da die Tage nur menstruierende Personen betreffen, die diese zwangsweise aushalten. Und sie können ja nicht einfach beschließen, nicht mehr ihre Periode zu haben.