Entspannt ermittelt es sich am besten: Privatdetektiv Benoit Blanc (Daniel Craig).

M94.5 Filmkritik

Knives Out – Mord ist Familiensache

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Man nehme einen extrem erfolgreichen Krimi-Autor, der im Kreise seiner „lieben“ Familie direkt im Anschluss an die Feierlichkeiten zu seinem 85. Geburtstag standesgemäß dramatisch stirbt. Dazu gebe man einen schrulligen Privatermittler, der noch nicht einmal weiß, wer ihn engagiert hat. Dann sperre man die Selektion ausgefallener Charaktere in ein überbordend dekoriertes Anwesen und lasse die Verhöre beginnen. Ergebnis: Eine Murder-Mystery-Show, die zwar etwas aus der Zeit gefallen wirkt, dem Zuschauer aber gleichzeitig den behaglichen Grusel von Agatha-Christie-Romanen garantiert.

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Trailer zu Knives Out

CSI KFC

Am Anfang sieht man von Detektiv Benoit Blanc, der mit seiner Attitüde sehr deutlich an Hercule Poirot erinnert, nicht viel. Bei den von der Polizei geführten Verhören hält er sich im Hintergrund. Nur mit etwas Geklimper auf dem Klavier im herrschaftlichen Wohnzimmer des Mordopfers kommentiert er die Aussagen. Nach und nach rückt der Ermittler aber immer mehr in den Mittelpunkt der Story. Statt in Bond-Badehose darf sich Daniel Craig in Knives Out mit einem schweren Südstaaten-Akzent präsentieren, was einen der Tatverdächtigen zu dem schnippischen Kommentar verleitet, ob das denn hier CSI KFC sei.

Starbesetzte Verdächtigenliste

Ausreichend schillernde Charaktere für einen CSI-Ableger in Kentucky würde Knives Out bieten: Neben dem Dahingeschiedenen (Christopher Plummer) lernen wir seine Tochter, eine rigorose Geschäftsfrau (gespielt von Scream-Queen Jamie Lee Curtis), kennen. Zusammen mit ihrem Ehemann, einem alternden Womanizer (dargestellt von Don Johnson, der in dieser Rolle sein eigenes 80er-Jahre Image auf’s Korn nimmt), hat sie bei der Erziehung des gemeinsamen Kindes völlig versagt. Das Resultat ist ein privilegierter Schnösel (Captain America Chris Evans), der auf den schönen Namen „Ransom“ (also Lösegeld) hört.

Familienaufstellung v.l.n.r.: Richard (Don Johnson), Linda (Jamie Lee Curtis) und Ransom (Chris Evans) Drysdale, Großmutter Wanetta (K Callan), die Hausangestellte Marta Cabrera (Ana de Armas), Familienoberhaupt Harlan Thrombey (Christopher Plummer), Walt (Michael Shannon), Jacob (Jaeden Martell) und Donna (Riki Lindhome) Thrombey sowie Joni (Toni Collette) und Meg (Katherine Langford) Thrombey.
Familienaufstellung v.l.n.r.: Richard (Don Johnson), Linda (Jamie Lee Curtis) und Ransom (Chris Evans) Drysdale, Großmutter Wanetta (K Callan), die Hausangestellte Marta Cabrera (Ana de Armas), Familienoberhaupt Harlan Thrombey (Christopher Plummer), Walt (Michael Shannon), Jacob (Jaeden Martell) und Donna (Riki Lindhome) Thrombey sowie Joni (Toni Collette) und Meg (Katherine Langford) Thrombey. © Universum Film

Ein serviler Sohn (Michael Shannon) im Verlagsbusiness und seine Frau, eine Helikopter-Mutter, verzärteln zusammen ihren Alt-Right-Troll-Sohn. Und dann gibt es da noch die Lifestyle-Guru-Schwiegertochter (Toni Collette) als Möchtegern-Gwyneth-Paltrow-Gooperin und deren super-woke Tochter. Jedes dieser Familienmitglieder ist auf seine eigene Art unsympathisch und hat ein Motiv. Die einzig gute Seele scheint die Pflegerin des Opfers (Ana de Armas) zu sein, die sich, was praktisch für Mordermittlungen ist, übergeben muss, sobald sie lügt.

Whodunnit?

Gut zwei Stunden lässt Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson (für Regie und Drehbuch unter anderem auch bei Looper und Star Wars: Die letzten Jedi zuständig) das Publikum miträtseln, wer’s denn nun war. Genügend falsche Fährten und Wendungen sind in der Story verwoben, damit sich auch der cleverste Zuschauer nicht langweilen muss. Dazu bietet der Schauplatz, das ausufernd dekorierte Anwesen, allerhand geheimnisvolle Verstecke, um immer neue potentielle Tathergänge plausibel erscheinen zu lassen. Überhaupt hatten die Szenenbildner wohl viel Spaß bei ihrer Arbeit: Bestes Beispiel ist die Skulptur aus einem Sammelsurium von Messern im großen Salon des Hauses, die – wohl nicht ganz zufällig – an den Eisernen Thron aus Game of Thrones erinnert.

Jamie Lee Curtis als Linda Drysdale
Jamie Lee Curtis als Linda Drysdale © Universum Film

In den USA ist Knives Out als Feiertagsfilm zu Thanksgiving angelaufen und hat alles zu bieten, was man sich davon erwartet: Ein mit großen Stars gespicktes Ensemble, eine üppige Ausstattung und eine recht altmodische Erzählstruktur. Als Verneigung vor Agatha-Christie-Romanen ist die zwar irgendwie vertraut, aber gleichzeitig auch sehr unterhaltsam.

Knives Out ist ab 2. Januar 2020 in den deutschen Kinos zu sehen.