Journalismus und Social Media

Wer treibt hier eigentlich wen?

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Wenn aus Datensätzen Geschichten werden: Studierende im Master Journalismus haben kommunikationswissenschaftliche Forschung der LMU datenjournalistisch aufbereitet.

Der Hashtag ist in Zeiten von Facebook, Twitter und Co. zum Inbegriff von Wut und Empörung, aber genauso von Solidarität und Partizipation geworden. Immer wieder versetzen Hashtags die Welt in Atem, sie thematisieren kontroverse Debatten und geben der Masse eine geeinte Stimme. Aber wer steckt eigentlich hinter den viralen Hashtags – sind es Journalist*innen oder User*innen auf Social Media?

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Cambridge Analytica, Fake News, Datenleaks – Soziale Netzwerke finden häufig Erwähnung in den Nachrichten. Umgekehrt tauchen in den Sozialen Netzwerken aber auch ziemlich viele Nachrichten auf. Laut Digital News Report 2018 stieg der Anteil an User*innen, die über Social Media Nachrichten konsumieren in den letzten Jahren stetig auf mittlerweile 31%. Unter den 18-24-Jährigen gab fast jede*r Fünfte Social Media als seine*ihre Hauptquelle für Nachrichten an. Für die Redaktionen eröffnen durch die sozialen Netzwerke völlig neue Wege, ihre Inhalte zu publizieren. Auf der anderen Seite bieten Facebook, Insta und Co. den Nutzer*innen neue Möglichkeiten mit Redaktionen zu kommunizieren, zu kommentieren und zu teilen. Alles gut, könnte man meinen! Aber ist es wirklich so einfach?

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Wie gehen Journalist*innen mit dem Zeitdruck um, der online herrscht? Wird das Publikum über die Klickzahlen plötzlich zum Bestimmer darüber, welche Themen berichtet werden? Wer treibt hier eigentlich wen? Diesen und anderen Fragen geht die Studie “Social Media und Journalismus” der Professor*innen Neuberger, Langenohl und Nuernbergk der Ludwig-Maximilians-Universität München nach. Außerdem geben Social Media-Redakteur*innen Einblicke in ihre Arbeit mit Social Media.

Leserbrief 2.0: Social Media als Anlaufstelle für Kritik

Schreiben, eintüten, frankieren, losschicken – wer früher Kritik an einem Artikel loswerden wollte, musste einiges an Aufwand auf sich nehmen. Mit wenigen Klicks kann man heute Journalist*innen wissen lassen, was man von ihren Beiträgen hält. “Social Media macht die Leser selbstbewusst auch in der Kommunikation mit Journalisten und Medienhäusern.”, sagt Tobias Dorfer, Leiter des Social Media Departments von Zeit Online. Ob im Kommentar, als Review oder Messenger-Nachricht – die Kontaktmöglichkeiten sind zahlreich.

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Das kann manchmal auch anstrengend werden für die Journalist*innen, weiß Katrin Hölter, Social-Media-Redakteurin bei Bento: “Einerseits sind die Konsumenten näher am Produkt, andererseits hat Kritik, vor allem die persönliche Kritik am Autoren/der Autorin zugenommen – beziehungsweise ist der Ton sicherlich aggressiver geworden”.

Social Media als Themen-Fundgrube

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Wer im Social-Media-Dschungel genau hinhört, bekommt nicht nur kritisches Feedback, sondern findet vielleicht auch die eine oder andere Idee für Stories. 64,9 Prozent der Redaktionen nutzen laut LMU-Studie Facebook zum Finden von Themenideen, bei Facebook sind es sogar 82,5 Prozent. In den Sozialen Netzwerken erfahren Journalist*innen, welche Themen ihre Leser*innen beschäftigen und können diese aufgreifen. Dadurch kann Journalismus seiner Aufgabe als Informations-Dienstleister besser gerecht werden. Aber kann sich diese Orientierung an den User*innen auch negativ auf die Unabhängigkeit von Journalist*innen auswirken? Was, wenn nur berichtet wird, was auf Social Media gerade hohe Wellen schlägt? 66,7 Prozent der Redaktionen stimmten der Aussage: “Durch Social Media orientiert sich der Journalismus immer mehr am Massengeschmack und wird seiner gesellschaftlichen Aufgabe nicht mehr gerecht” gar nicht oder eher nicht zu. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ein Drittel der Redaktionen hier eine Gefahr sieht.

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Auf der anderen Seite ermöglicht es der enge Kontakt zu den Nutzer*innen die eigene Zielgruppe besser kennenzulernen. Wie ticken die Leser*innen und was beschäftigt sie? Außerdem können auf den verschiedenen Social Media Kanälen auch ganz gezielt bestimmte Gruppen angesprochen werden. So bespielt Bento beispielsweise einen Account speziell für queere Leser*innen und der Bayerische Rundfunk hat mit der News-WG auf Instagram ein Nachrichtenangebot speziell für junge Leser*innen geschaffen.

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Social Media als Überholspur: Das Dilemma zwischen Geschwindigkeit und Sorgfalt

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„Im Moment haben wir einen großen Polizeieinsatz am OEZ. Bitte meiden Sie den Bereich um das Einkaufszentrum.“ twitterte die Polizei München am Abend des 22. Juli 2016. Während der Twitteraccount @PolizeiMuenchen fortan im Minutentakt über den aktuellen Kenntnisstand zum OEZ-Attentat im Münchner Norden informierte, kursierten auch zunehmend falsche Fotos und Behauptungen von privaten Usern im Netz. Auch einige etablierte Medien beteiligten sich an der Verbreitung von Fake News, erste Eilmeldungen ordneten die fremdenfeindliche Tat beispielsweise als islamistische Terrorattacke ein.

Fälle wie das OEZ-Attentat zeigen, wie sehr der schnelle Rhythmus von Twitter, Facebook und Co. die Arbeit der Journalist*innen beeinflusst – im Positiven wie auch im Negativen: Einerseits sehen sich Redakteure einem so hohen Zeitdruck ausgesetzt, dass die gewissenhafte Überprüfung von Informationen schon mal zugunsten von Aktualität abgekürzt wird. Besonders auffällig ist das bei reinen Onlineangeboten, die der sorgfältigen Prüfung von Inhalten weitaus weniger Wert beimessen als Wochenzeitungen.

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Andererseits profitieren Nachrichtenmacher in puncto Aktualität eindeutig von der Geschwindigkeit, mit der soziale Netzwerke Inhalte verbreiten. Gut die Hälfte der befragten Redaktionen nutzen Facebook und Twitter, um Fakten über ein aktuelles Ereignis einzuholen, aber auch für die Suche nach Augenzeugen oder Fachexperten werden die sozialen Netzwerke verwendet.

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Es geht nicht ohne

Wollte man der Welt die Beziehung zwischen Social Media und Journalismus auf Facebook erklären, man müsste wohl den Beziehungsstatus „es ist kompliziert“ anklicken. Denn mit den sozialen Netzwerken und den professionellen Schreiberlingen verhält es sich wie in einer ungesunden Liebesromanze: man kann nicht mit, aber auch nicht wirklich ohne. Hasstiraden in Kommentarspalten, Zeitdruck bei der Recherche und die Orientierung am Massengeschmack sind nur drei von vielen Aspekten, die den Journalist*innen eine ordentliche Portion Skepsis gegenüber den sozialen Netzwerken lehren. Und trotzdem, es geht scheinbar einfach nicht mehr ohne. Bemerkbar macht sich das beispielsweise daran, dass viele Redakteur*innen Twitter für die Beteiligung des Publikums am Redaktionsprozess nutzen, obwohl sie die Plattform für solche Zwecke nur bedingt geeignet halten.

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Ein ähnlich konträres Verhalten zeigt sich auch bei der Bewertung von Meinungsverteilungen auf Social Media:

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98,8% aller befragten Journalist*innen gaben an, dass die Bedeutung von sozialen Netzwerken sogar noch an Bedeutung für den professionellen Journalismus gewinnen wird. Fast 100% der Befragten stimmten der Aussage zu, dass Social Media eine größere Rolle in der Ausbildung spielen sollte. Denn neben den vielen Risiken bieten soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook und Instagram auch echte Chancen für einen demokratischeren und publikumsorientierteren Journalismus:

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