Kommentar zum Handyverbot

HANDY AUS, MUSIK AN

/ / Bild: M94.5

Wer den Film „Bohemian Rhapsody“ gesehen hat und direkt im Anschluss die letzte Szene des Films, Queens Auftritt beim Live-Aid-Konzert 1985, mit dem Original auf YouTube verglichen hat, dem könnten mehrere Dinge positiv aufgefallen sein: Rami Maleks schauspielerische Leistung zum Beispiel. Der routinierte Konzertgänger von heute ist aber vor allem davon beeindruckt, wie das Publikum ganz ohne Smartphone-Meer auskommt. Außer Liebe ist da nichts in der Luft.

Davon könnten wir uns heutzutage eine Scheibe abschneiden. Inzwischen versperrt bei jedem Konzert mindestens ein Handy die Sicht, oder der Arm des Hintermannes, müde vom minutenlangen Mitfilmen, stützt sich an den Schultern des Vordermannes ab. Auch für die Künstler ist es schwierig, den direkten Kontakt zum Publikum herzustellen, wenn sie in mehr Kameralinsen als Augen blicken. Manche Künstler, darunter Adele, Kendrick Lamar oder Bruno Mars, haben sich mittlerweile für ein Handyverbot auf ihren Konzerten ausgesprochen. Alex Clare stellte bei seinem letzten Konzert in München eine Bedingung ans Publikum: Wenn sie seinen berühmtesten Song hören wollen, sollen sie dabei bitte das Handy in der Tasche lassen.

Zwangsentzug

Trotzdem können bei den meisten Konzerten weder ein Handyverbot noch das Sicherheitspersonal die Leute davon abhalten, das Handy zu zücken. Deshalb gehen manche Künstler noch einen Schritt weiter und verhängen für ihre Konzerte ein obligatorisches Handyverbot für alle. So auch Jack White auf seiner Tour 2018.

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Jack White im Interview

Für Jack White ist die direkte Kommunikation mit dem Publikum essentiell für einen gelungenen Konzertabend. Dabei stellt er seinen Zuhörern sogar die ehrenvolle Aufgabe, den Abend mitzugestalten, indem er die Setlist je nach Reaktion des Publikums spontan festlegt. Das klappt natürlich nur, wenn keine Smartphones von dieser Interaktion ablenken.

Die Umsetzung

Um ein totales Handyverbot für seine Konzerte umsetzen zu können, verlässt sich Jack White auf das Start-Up Yondr. Dabei werden die Handys der Konzertbesucher bei Einlass in einer speziellen Tasche versiegelt, die nur das Einlasspersonal wieder öffnen kann. Am Eingang gibt es eine Yondr-Zone für alle, die unbedingt doch mal kurz ans Handy müssen. Danach wird es aber wieder sofort im Beutel verschlossen.

Quelle: https://www.instagram.com/ms_clairparris/

Das könnte jetzt dem ein oder anderen etwas übertrieben vorkommen. Immerhin möchte man sich ungern vorschreiben lassen, wie man ein Konzert am besten zu genießen hat. Oder wie lässt es sich zum Beispiel kontrollieren, wenn jemand zwei Handys dabei hat? Außerdem sind Konzerte oft genug ausverkauft, sodass man sich über einen kleinen Live-Mitschnitt freut, wenn man keine Karte mehr erwischt hat. Und überhaupt, was ist schon dabei, wenn man das ein oder andere Bild für die eigene Erinnerung knipst?

Respekt für den Künstler

Da ist natürlich grundsätzlich nichts dabei. Aber wenn man Leute dabei beobachtet, wie sie den ersten Song des Abends mitfilmen, auf Instagram hochladen und direkt danach das ausverkaufte Konzert verlassen, kann man teils echt nur den Kopf schütteln. Es ist auch eine Frage des Respekts, nicht nur gegenüber dem Künstler, sondern auch den anderen Konzertbesuchern gegenüber. Aber hey, selbst wenn man die Regelung nicht gut findet, kann man sich zumindest dem Selbstversuch stellen. Zwei ganze Stunden ohne Handy auskommen. Wenn man das nicht hinbekommt, hat man Jack White zufolge eh eine Therapie nötig.