Ghosts/Filmfest München

Filmfest 2021

GHOSTS (Hayaletler)

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Glänzende Hochhäuser hinter verfallenen Häuschen, das wird “die neue Türkei”. Die Gentrifizierung spielt in den vier Erzählsträngen von Ghosts eine entscheidende Rolle. Im Laufe eines Tages lernen wir den Alltag in einem Armenviertel Istanbuls kennen.

Der Strom fällt aus in Istanbul und in einem (fiktiven) ärmeren Viertel bestreiten vier Nachbar:innen ihren Alltag: Die jugendliche Didem trainiert mit Freundinnen heimlich für einen Tanzwettbewerb, İffet muss Geld für ihren Sohn auftreiben, Ela kämpft für die Rechte der Frauen, während Raşit Syrer:innen mit überteuerten Zimmern betrügt. Ihre Geschichten werden über den Verlauf eines Tages immer wieder miteinander verknüpft.

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Der Trailer zum Film Ghosts.

FACETTEN EINES VIERTELS

In diesen Erzählsträngen zeigt Regisseurin Azra Deniz Okyay ein Istanbul voller Gegensätze. Im Hintergrund glänzen moderne Neubauten, während an den Hauptschauplätzen die Häuser verfallen. Didem und Ela feiern, tanzen und kämpfen unter der ständigen Beobachtung und Verurteilung ihrer Nachbarschaft. Die beiden jungen Frauen streben nach Freiheit und Selbstausdruck, ohne sich von den gesellschaftlichen Restriktionen oder der omnipräsenten Polizei einschüchtern zu lassen. Zwar zeigt der Film bedrohliche Szenarien wie Ausschreitungen oder Drogenschmuggel, die Figuren selbst gehen mit all dem jedoch ziemlich gelassen um. So bildet sich über den Film hinweg ein facettenreiches Bild dieses Stadtviertels.

KAMERA WIE EINER DOKU

Regisseurin Azra Deniz Okyay hat vor Ghosts Dokumentarfilme gedreht und das zeigt sich auch in ihrem Stil. Im Film ist immer wieder Footage von Handykameras verarbeitet. Wie nebenbei zeigt sie die Macht, die das Filmen hat, wenn ältere Männer die jungen Frauen bei ihrer Demonstration aufnehmen und süffisant erzählen, sie würden das Material an Behörden weitergeben.

Auch die eigentliche Kamera bleibt oft so nah an den Protagonist:innen, dass die Szenen sich fast wie zufällig anfühlen. Immer wieder gibt es kleinere Zeitsprünge oder ungewohnte Perspektiven. Jedes Bild hat dabei Energie und zeigt den Aufruhr der gespaltenen Stadt.

PREISGEKRÖNTE FILMPERLE

Ghosts ist thematisch politisch und Punk in der Umsetzung. Er zeigt die Konflikte der Türkei und bleibt gleichzeitig nah an seinen Protagonist:innen. Er ist berührend, verhandelt schwierige Themen, aber bewahrt dabei eine hoffnungsvolle Leichtigkeit. Es ist kein Wunder, dass Azra Deniz Okyays Spielfilmdebüt bereits mit einigen Preisen versehen worden ist – u.a. dem „Großen Preis“ der internationalen Kritiker:innen-Woche der Filmfestspiele von Venedig.

Ghosts (Orig. Hayaletler) läuft unter dem Wettbewerb CineVision (internationale Nachwuchsfilme). Er kann am 5. Und 6. Juli auf dem Filmfest München angeschaut werden.