Altkleidung

Altkleiderspenden: Fluch oder Segen?

/ / Bild: Corinna Horn / M94.5

Bedürftigen Menschen etwas zum Anziehen schenken – das verbinden viele Menschen mit dem Gang zum Altkleidercontainer. Doch nur in wenigen Fällen landet die Kleidung dort, wo der Spender es vermutet.

In Deutschland wird jedes Jahr eine Millionen Tonnen Altkleidung gespendet. Davon erreichen allerdings nur gerade knapp zehn Prozent bedürftige Menschen. Grund dafür ist: Die Masse an aussortierter Kleidung übersteigt den Bedarf karitativer Organisationen für ihre Sozialarbeit bei weitem.

„Es ist so, dass die Berge von Altkleidern seit Ende der 60er Jahre viel zu groß waren, um hier in Deutschland noch von Bedürftigen gebraucht zu werden und da fing das an, dass karitative Organisationen, mehr und mehr der Altkleider an Sammler weiterzuverkaufen, die dann sortierten und wiederum an den Meistbietenden weiterverkauften.“

(Friedel Hütz-Adams, Mitarbeiter des Südwind Instituts)
Bild: Corinna Horn / M94.5

Beim Roten Kreuz werden die Altkleider zunächst sortiert. Die geeigneten Stücke werden dann an Kleiderkammern und Kleiderläden weitergegeben. Schließlich wird die überschüssige Kleidung an Textilsortierer weiterverkauft.

„Wir als Rotes Kreuz verkaufen die Klamotten, die wir nicht selber brauchen, im Normalfall an einen Textilsortierer hier in Deutschland. Der sortiert es dann nach 140/150 Kriterien und verkauft es dann in die Absatzländer. Da unten sind dann auch wieder Großhändler, die das dann an den Einzelhändler verkaufen, dass das dann in die Bevölkerung geht.“

(Helmut Huber, Mitarbeiter des Roten Kreuzes)

Die Einnahmen aus dem Weiterverkauf verwenden karitative Organisationen, um ihre soziale Arbeit leisten zu können. Die Kehrseite ist: Sie haben in der Regel keine Kontrolle darüber, wo ihre Altkleider eigentlich hingehen. Spender*innen gehen davon aus, dass ihre Kleidung Bedürftige kostenlos erreicht. Doch das ist nur selten der Fall. Der Großteil der Kleidung verschwindet in einem globalen Markt.

Bild: Corinna Horn / M94.5

„Wenn sie sich Flüchtlingslager im Ost-Kongo anschauen und sehen, wie zerlumpt die Leute zum Teil dort rumlaufen, weil sie sich keine Kleidung leisten können, dann stellt sich die Frage: Wieso gehen da nicht gezielt Altkleider hin? Und das liegt schlicht und einfach daran, dass die Leute dort nicht zahlen können und Altkleider gehen dahin, wo am meisten gezahlt wird. Das ist das Problem an diesem Sektor.“

Friedel Hütz-Adams

Altkleider und Textilmärkte in Afrika: Ein umstrittenes Thema

Das habe mit der Befriedigung von Bedürfnissen nicht mehr viel zu tun, so Friedel Hütz-Adams, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Südwind-Instituts. Auch er sieht die Altkleiderimporte als Ursache für den Rückgang der lokalen Textilindustrie in vielen afrikanischen Staaten – und das, obwohl sie eigentlich gespendet wurden. Durch den Rückgang der dortigen Textilindustrie gehen Potenziale für die wirtschaftliche Weiterentwicklung afrikanischer Länder verloren. Deshalb haben mittlerweile einige afrikanische Länder, beispielsweise Nigeria und Südafrika, den Altkleiderimport verboten, um die lokale Industrie wiederaufzubauen.

Wo die Altkleidung auch ankommt

Doch wie wird man seine Altkleider mit gutem Gewissen los? Friedel Hütz-Adams empfiehlt sie, auf einem Second-Hand-Markt zu verkaufen, solange sie gut erhalten sind.

„Ich spende lieber das Geld und weiß wo es bleibt, als dass ich Kleidungsstücke in die Tonne werfe und keine Ahnung habe was es wo anrichtet.“

Friedel Hütz-Adams

Dennoch empfiehlt er, mehr auf Langlebigkeit und gezielte Entsorgung zu setzen. Nur so käme die Gesellschaft weg von einer Wegwerfmentalität, bei der Kleidung meist ungetragen in Altkleider Containern landet.

Es gibt auch andere soziale Einrichtungen, die Kleiderspenden benötigen, um Bedürftigen zu helfen, wie beispielsweis Kirchenverbände oder Bahnhofsmissionen. Hilfreich ist die Plattform „Wohin damit“ (https://www.wohindamit.org/ ). Sie hilft, in jeder Stadt soziale Einrichtungen zu finden, an die man spenden kann.