M94.5 Filmkritik

Under the Silver Lake

/ / Bild: Weltkino Filmverleih

Mit dem Indie-Horrorfilm “It follows” feierte Regisseur David Robert Mitchell 2014 einen großen Erfolg und wurde von den Kritikern hochgelobt. An seinem neuesten Werk, dem Neo-Noir-Thriller „Under the Silver Lake“ scheiden sich allerdings die Geister.

Der Film beginnt ziemlich harmlos. Und zwar mit Sam (Andrew Garfield), der bekifft auf dem Balkon in einer Wohnanlage sitzt und die halbnackte Nachbarin, die mit ihren Papageien spielt, durch sein Fernglas beobachtet. Eigentlich ist die Miete überfällig und er sollte sich darum kümmern, von irgendwo Geld aufzutreiben, doch der junge Mann in T-Shirt und Chucks ist dafür zu träge. Lieber vertreibt er sich die Zeit mit Spannern, Videospielen und alten Filmen, die er auf Kassette schaut. Doch dann läuft ihm Sarah (Riley Keough) durch die Linse und sieht in ihrem weißen Bikini irgendwie aus wie Marylin Monroe. Als die beiden einen Abend miteinander verbringen, schauen sie sich „Wie angelt man sich einen Millionär“, mit Marylin Monroe. Zufall? Wohl kaum. Genauso wenig wie die Tatsache, dass Sarah drei Barbies vor dem Fernseher stehen hat, die genauso aussehen, wie die drei weiblichen Hauptfiguren aus dem Film. Und, dass sie zwei Freundinnen hat, die von Klamotten und Frisur her aussehen wie die Barbies. Irgendwie scheint hier alles miteinander verknüpft zu sein und schon ist man mittendrin in Mitchells verrückter Welt voller Zeichen und popkulturellen Referenzen.

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Trailer: Under the Silver Lake

Eine skurrile Welt voller Zeichen

Der gemeinsame Fernsehabend bleibt das einzige Treffen zwischen Sarah und Sam, denn am nächsten Tag ist die blonde Frau mitsamt ihrem Hab und Gut spurlos verschwunden. Zurück bleiben zwei rätselhafte Rauten an der Wand und eine Box mit allerlei Dingen und einem Foto. Sam glaubt, dass all das verschlüsselte Hinweise sind, die er knacken muss, um die Abhandengekommene wiederzufinden. Doch seine Suche entpuppt sich als merkwürdige Odyssee durch ein nicht ganz reales Los Angeles, in dem sich allerlei komische Gestalten bewegen und allerlei Skurriles passiert. Eichhörnchen fallen am helllichten Tag unvermittelt vom Himmel, ein Hundekiller macht die Stadt unsicher, berühmte Menschen werden vermisst und Sam verfolgt einen Piraten. Eine Band namens „Jesus and the Brides of Dracula“ treten auf einer Party auf und irgendwie haben deren Songs etwas mit der Lösung des Rätsels zu tun. Genauso wie der verrückte Comiczeichner, der Geschichten vom Hundekiller und der männermordenden Eulenfrau erfindet, die dann irgendwie zu Realität wird. Oder ist die nackte Frau mit der Eulenmaske, die sich in sein Haus schleicht, ein Trugbild? Überhaupt kommt einem bei all den merkwürdigen Begebenheiten, auf die Sam so trifft, doch oft der Gedanke, dass es sich bei dieser ganzen Irrfahrt vielleicht einfach nur um einen großartigen Drogentrip handelt. Der dauert allerdings über zwei Stunden und ist irgendwann einfach nur noch langwierig und anstrengend. Zwar scheint irgendwie alles miteinander verbunden zu sein, Motive, Personen oder Zeichen tauchen immer wieder auf, doch wirklich verständlich ist das Ganze nicht. Als Zuschauer wird man immer distanzierter, obwohl sich die Musik die größte Mühe gibt, Spannung aufzubauen. Sie ist im schrägen Orchesterstil gehalten und erinnert an alte Thriller (etwa von Hitchcock, der auch einmal namentlich auf einem Grabstein auftaucht).

Eine Wundertüte an Querverweisen

David Robert Mitchell baut sich in „Under the Silver Lake“ eine Welt auf, in der es nicht nur überall versteckte Codes gibt (auf alten Müslischachteln, in rückwärtsgespielten Songs, in alten Videogame-Zeitschriften), sondern es auch vor Referenzen auf andere Filmen nur so wimmelt. So werden, zum Beispiel Alfred Hitchcock, David Lynch oder Billy Wilder zitiert. Was das allerdings für die „Handlung“ zu bedeuten hat, wird auch im Laufe des Films nicht wirklich klar. Nach all den spannungsaufbauenden Momenten, die Mitchell auffährt, ist dann vor allem die Auflösung ernüchternd und enttäuschend. All der Lärm und das Wirrwarr für so ein Ende? Da hat der Regisseur sich wohl selbst in seinen Spinnereien verloren. Zum Schluss bleibt deshalb der Eindruck, dass man zwar Lust bekommen hat, sämtliche filmische Anspielungen nach zu recherchieren, dass aber, wenn man die ganzen Zitate abzieht, nicht mehr viel Eigenes übrig bleibt.

“Under the Silver Lake” gibt es seit dem 12.04. auf DVD.