Seit, seid, saitt wann eigentlich?

Da(ß)ss es sich leichter lie(ß)st – Schöne neue Rechtschreibung

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Vor 16 Jahren traten die letzten Änderungen in der neuen deutschen Rechtschreibung in Kraft. Aber wie schwer ist es eigentlich, deutsch richtig schreiben zu können? Welche Stolperfallen gibt es? Und kann jemand bestimmen, wie ein Wort geschrieben wird? Marius Eckert hat darüber etwas philosophiert bzw. fiolosofiert.

Ein ganz normaler Tag in der M94.5 Redaktion. Die Nachrichten für die Morningshow werden geschrieben und dem Chef vom Dienst vorgelegt. Auf einmal geht ein Aufschrei durch die Redaktion: “Das heißt die Politiker:innen dringen darauf, die Reform durchzusetzen”, “Nein, das heißt drängen” tönt es zwischen Redakteurin und Chef vom Dienst. Eine massive Diskrepanz ist entstanden. Die Redaktion teilt sich in zwei Lager. Es wird philosophiert, gegoogelt und sogar Mütter angerufen. Die Auflösung: Beides ist möglich.

Ähnliche Diskussionen gibt es seit Jahren zur Rechtschreibung. Wann heißt es jetzt seit bzw. seid oder schreibe ich jetzt Straße mit ß oder ss? Für viele Leute ist die Verwirrung groß. Dabei ist die deutsche Rechtschreibung doch so einfach, also zumindest versucht sie es. Am ersten August 1998 wurde eine große Rechtschreibreform in Deutschland umgesetzt. Sie sollte die deutsche Sprache einfacher zum Schreiben machen.

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Das war zumindest der Plan. So richtig festlegen kann aber niemand, wie ein Wort geschrieben werden muss. Ich kann zum Beispiel Aphel statt Apfel oder oder Mill statt Müll schreiben, wenn ich der Meinung bin, dass es so geschrieben wird. Die richtige Rechtschreibung ist nur in bestimmten Gebieten bindend, z.B. im Kontext Schule oder vor Gericht. Dort kommt es dann auf jeden Buchstaben an. Ein einzelner Dreher kann schon mal schnell einen gesamten Satz urinieren.

Ich persönlich als Verfechter der Duden-Rechtschreibung, bin aber auch einfach total verwirrt, wenn sich andere Leute nicht daran halten. Schreibt mir jemand, er möchte gerne geschrottete Chiasamen, schmeiße ich sie ihm an den Kopf. Will er dagegen geschrotete Chiasamen, haue ich sie in den Mixer. Ein Buchstabe entscheidet über Gewalt oder Küchengerät. Ein ziemlich großer Unterschied.

Nießen, niessen, niesen, genossen?

Ein weiterer Brainfuck (zu deutsch Gehirn-Geschlechtsverkehr) ist die allseits beliebte Verunsicherung über die Vergangenheitsform des Wortes ‘niesen’. Oder schreibt man es ‘niessen’? ‘Nießen’? Egal. Gerade seit Corona ist Niesen per se (zu deutsch für sich) gesellschaftlich kritisch. Wie man das Verb allerdings in die Vergangenheit setzt, ist von Mythen umrankt. Heißt es “Ich habe genießt” oder “Ich habe genossen”? Der Duden sagt er/sie/es hat geniest. Also gehört genossen doch nur zum Genießen. Was ich zumindest nach alter Rechtschreibung auch genieszen schreiben könnte. Wundervoll einfach diese Sprache.

Die Rechtschreibung wird sich angesichts des Genderns und dem Übernehmen vieler englischer Begriffe (wie z.B. gendern) vermutlich auch weiterhin verändern. Und es wird neue Verwirrungen geben. Und ob sich jemals jemand daran hält, seid und seit richtig zu verwenden, das bleibt ein Gehaimniz vong Zukunft her.